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Es werden Posts vom Dezember, 2016 angezeigt.

Weihnachtspost

Erster Brief Meine Liebe! Soldaten werden immer gebraucht. Ich habe diesen Satz meiner Mutter nie verstanden. Natürlich: Ich bin der Sohn eines Offiziers, der Sohn eines Offiziers war, der auch Sohn eines Offiziers war, der wiederum … Die Söhne in unserer Familie wurden schon immer Legionäre. Und die Frauen wurden schon immer Witwen. Meinen Großvater habe ich nie kennen gelernt. Und mein Vater starb, als ich sieben Jahre alt war. Dennoch sagte meine Mutter diesen Satz: Soldaten werden immer gebraucht. Dennoch bin ich Soldat geworden. Warum eigentlich?, hast du mich vor meinem Aufbruch gefragt. Und hinzugefügt: Ich möchte nicht Witwe werden. Vor allem nicht jetzt. Wie mag es dir gehen? Drei Monate sind vergangen. Kannst du es schon spüren? Wird dir immer noch schlecht? Nun bin ich hier, in der Provinz Judäa. Wir wurden nach Bethlehem beordert. Ein kleines Dorf in den Bergen, etwas südlich von Jerusalem. Wir sollen die örtliche Steuerbehörde bei der Volkszählung unterstützen. Belie

Ein Herz voll Erbarmen

Die Mutter hält das Kind auf ihrem Schoß, es liegt in ihrer Armbeuge. Mutter und Kind schauen sich in die Augen. Das Kind greift nach dem Handgelenk der Mutter und saugt an ihrer Brust. Die Freundinnen sind zu Besuch. Sie stehen und sitzen neben der Mutter und ihrem Kind. Die eine von ihnen hält den Brei bereit. Sie staunen unentwegt das Kind an. Es muss glücklich sein, so zufrieden wie es da liegt. Die Mutter muss glücklich sein über das Geschenk des Lebens auf ihrem Schoß. Lange hat sie auf dieses Kind gewartet. Jahr für Jahr war alle vier Wochen ihr Traum zerronnen, dass neues Leben in ihr wachsen könnte. Was hätte sie darum gegeben, endlich mit dem Warten aufhören zu können. Aber der Kopf konnte dem Herz die Hoffnung nicht ausreden, die immer wieder von neuem enttäuscht wurde. Mit der Zeit stumpfte ihr Herz ab. Der Schmerz wird schwächer, wenn er einen ständig begleitet. Aber das Fünkchen Hoffnung glomm weiter. Sie mochte und konnte es nicht austreten. Vielleicht eines Tages …

Sehnsucht + Geduld = Vorfreude

Ich war heute Morgen schon im Garten. Mit meiner Rosenschere. Vom Forsythienstrauch in der hintersten Gartenecke habe ich drei Zweige abgeschnitten. Heute ist der 4. Dezember. Der Barbaratag. Barbara soll im 3. Jahrhundert nach Christus gelebt haben, in Nikomedia, etwa 100 Kilometer östlich vom heutigen Istanbul. Sie wollte Christin werden, ihr Vater versuchte mit allen Mitteln, sie davon abzuhalten. Barbara setzte ihr Vorhaben durch und ließ sich taufen. Als ihr Vater davon erfuhr, brachte er sie vor Gericht und ließ sie zum Tode verurteilen. Die Legende erzählt, dass Barbara auf dem Weg ins Gefängnis sich mit ihrem Gewand an einem Zweig verhakte. Der Zweig brach, Barbara nahm ihn mit und stellte ihn im Gefängnis in ein mit Wasser gefülltes Gefäß. Er blühte an dem Tag, an dem das Todesurteil über sie gesprochen wurde – als wolle er widersprechen mit einer leisen, doch deutlichen Stimme. Der Vater hörte diese Stimme nicht. Er selbst soll seine Tochter enthauptet habe