Mein Gebet
Er steht an seinem Pult und streckt sich. Es dauert, bis sich die Verspannungen der Nacht gelöst haben. Er ist ein alter Mann. Mitte Fünfzig. Das Fleisch wird schwach. Aber der Geist ist wach. So wach wie vor dreißig Jahren. Da traf er Paulus das erste Mal in der Synagoge. Solange er sich daran erinnert, ist er jung. So jung wie er damals war. Er lebte in Ephesus zu der Zeit, in der großen und umtriebigen Hafenstadt. Er fühlte sich wohl dort, in dem bunten Durcheinander der Menschen. Er konnte ganze Tage auf den Plätzen der Stadt oder am Hafen verbringen. Das Leben sog er in sich auf wie die Gerüche, die durch die Straßen zogen. Manchmal versetzte ihn die Stadt in einen Glücksrausch. Dann wieder schmeckte alles vermeintliche Glück nur noch schal. Er stieß sich an den Ellenbogen, die andere ausfuhren, wenn es darum ging, vorwärts zu kommen. Er schüttelte den Kopf darüber, wie sie alle zusammen von einem Tempel zum anderen rannten. Immer hatten sie kleine oder große Opfer