Der Europäische Gerichtshof und das Beten - Ein Dialog

Ich weiß nicht, ob du es wusstest und ihr. Aber: Es gibt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Beten.
Nein?!
Doch, ist zwar schon was älter. Aber habe ich gestern erst auf Facebook gelesen und auch gleich geteilt.
Und?!
Also: Wenn einer betet und sein Gebet geht nicht in Erfüllung, dann müssen die Kirchen dafür einstehen.
Das ist jetzt nicht dein Ernst?
Doch. Da hatte einer gebetet, dass er zu seinem 30. Geburtstag einen Porsche in seiner Garage stehen hat.
Und das hat nicht geklappt?
Genau. Daraufhin hat er den Papst verklagt – der Kläger ist zum Glück Katholik.
Und hat Recht bekommen.
Ja. Der Europäische Gerichtshof sagt, die Kirchen sagen: Gebete werden erfüllt. Dadurch kommt ein Vertrag zustande. Der Vertrag muss eingehalten werden.
Und wenn Gott das nicht tut, dann müssen die Kirchen einspringen.
So sehen das die Juristen.
Und der Kläger hat jetzt also seinen Porsche?
Ja! Er ist darüber zwar vier Jahre älter geworden. Aber dafür steht jetzt ein Porsche 987 Boxster Spyder in seiner Garage.
Bezahlt vom Papst?
Bezahlt vom Papst! Der fährt ja nur FIAT 500.
Klingt verrückt.
Ist aber ganz logisch.
Was ist daran bitte schön logisch?
Jesus sagt: „Bittet und es wird euch gegeben.“
Achso. „Und wer bittet, der bekommt.“
Und wer bittet und nicht bekommt …
… der kann klagen.
So sehen es der Porschefahrer und der Europäische Gerichtshof.
Eine merkwürdige Logik.
Immerhin nimmt der Porschefahrer ernst, was Jesus sagt. Er hat um etwas gebeten, wie Jesus gesagt hat.
Und hat dann darauf bestanden, dass er es bekommt. Wie Jesus gesagt hat.
Und der Europäische Gerichtshof sagt: Wer etwas verspricht, muss es auch halten. Vertrag ist Vertrag.
Ja, aber...
Was: Ja, aber?
Naja – ein Porsche. Ich bitte dich: Das ist doch keine Bitte!
Achtung. Es könnten Porschefahrer hier sein! Oder solche, die es gerne wären.
Aber stimmt doch: Wenn ein Kranker um Gesundheit bittet. Oder jemand, der im Krieg lebt, Frieden will. Das sind Bitten.
Stell dir vor, die Menschen, die darum bitten, würden klagen. Weil die Gesundheit ausbleibt und der Frieden nicht kommt. Und sie bekommen vorm Gerichtshof Recht.
Dann müssten die Kirchen dafür sorgen, dass …
Stell es dir lieber nicht vor.
Aber was ist dann die ernsthafte Antwort darauf, dass Menschen um etwas bitten – und es bleibt aus?
Ich fürchte, es gibt keine – zumindest keine einfache.
Eine einfache wäre ja: Du hast nicht genug gebetet. Wenn du nur ein wenig länger an die Tür geklopft hättest…
Als wäre beten wie eine Maschine zu bedienen. Wenn du es richtig tust, funktioniert es auch. Und wenn es nicht funktioniert, hast du etwas falsch gemacht.
Oder schlimmer noch: Der Automat ist kaputt. Er schluckt zwar die Gebetsmünze, die du einschmeißt. Aber er wirft  nichts aus.
Das wären die einfachen Antworten. Du betest nicht richtig. Oder: Beten hilft nicht.
Dabei heißt es doch: Da hilft nur noch beten.
Merkwürdiger Satz eigentlich. „Da hilft nur noch beten.“
Klingt ganz und gar halbherzig.
Ja. Wer das sagt, will wohl gar nicht beten. Weil beten erst dann kommt, wenn ich mit den eigenen Kräften nicht mehr weiterkomme.
Dabei soll man doch alles aus eigenen Kräften schaffen. Selbstständig und selbstoptimiert von der Wiege bis zur Bahre.
Ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Und ohne anderen zur Last zu fallen.
Wenn dann nur noch beten hilft …
… dann ist das eine Niederlage. Du fällst Gott zur Last und bist auf seine Hilfe angewiesen.
Und du hast mit einem Mal nichts mehr selber in der Hand. Du bist dann ganz in fremden Händen. In Gottes Hand.
Und genau das heißt beten. Etwas aus meiner Hand geben und es ganz Gott in die Hand legen. Ihm meine Sache, meine Anliegen anvertrauen.
Und es heißt, Gott in Anspruch zu nehmen: Hier ist, was mich bewegt. Hier ist mein Leben. Gott, mach was draus.
Und Gott macht was draus. Nach seinem Willen.
Meine Erfahrung ist: So zu beten kannst du gut lernen, wenn du kleine Kinder hast.
Ja. Da hältst du das kleine große Leben auf dem Arm und merkst, dass du zwar das Kind gut allein tragen kannst – aber nicht die Verantwortung für sein Leben.
Und also suchst du nach einer Hand, in die du die ganze Verantwortung legen kannst.
Und siehe da: Gott hält seine Hand auf. Taufe nennt sich das Gebet dann. Du vertraust dein Kind Gott an.
Weil du erfährst: Es steht nicht in deinen Kräften, dass aus deinem Kind etwas wird.
Und weil du aus Liebe zu deinem Kind Gott in Anspruch nimmst: Er soll deinem Kind helfen.
Und das Schöne an der Taufe ist: Du hörst und siehst und spürst gleich die Antwort auf das Gebet.
Der Segen für das Kind: Gott hält es in seiner Hand. Was auch kommt, es wird gut.
Oder wenn du getauft wirst: Der Segen für dich selber. Gott sagt Ja zu deinem Leben, das du ihm anvertraust.
Die Taufe – ein Gebet mit eingebauter Antwort. Ja, sagt Gott, ich habe dich gehört.
So sollte Beten immer sein. Du legst dein Anliegen und dich selber in Gottes Hand. Und jemand anders sagt dir: Gott hat dich gehört.
Amen.

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