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Aber der Segen, der bleibt

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Predigt zur Konfirmation am 19. September 2021 - in zwei Teilen Der eine Teil Stellt euch vor: Euer Fest ist vorüber. Also fast vorüber. Du sitzt an dem, was auf altmodisch Gabentisch heißt und schaust dir an, was du so geschenkt bekommen hast im langen Lauf des Tages. Da steht auf einmal ein Engel vor dir. Du kneifst dich, aber er steht immer noch dort. Er sagt dir: Guten Tag, ich bin der Konfirmationsengel. Du hast drei Wünsche frei. Du schaust den Engel so an, dass der denkt, du hättest ihn nicht verstanden. Also wiederholt er langsam und geduldig: Du kannst mich um drei Dinge bitten und du bekommst sie. Jetzt bist du überzeugt, dass du nicht träumst und ihn auch richtig verstanden hast. Drei Wünsche hast du frei. Drei Dinge, um die du den Konfirmationsengel bitten kannst. Du fängst an zu überlegen, was du dir wünschen könntest. Dein Blick fällt auf die Umschläge, die in einem Körbchen vor dir liegen und von denen du erst ein paar geöffnet hast. Also Geld, denkst du dir,

Jona träumt

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Vielleicht ist es ein Traum. Vielleicht träumt Jona. Er träumt, wie Gott zu ihm spricht, eines Nachts, in einem Traum. Jona, sagt Gott, geh nach Ninive, in die große Stadt, und rede ihr ins Gewissen . Vielleicht ist es ein Traum. So wie einer nachts von dem träumt, was ihm am Tag zu schwer ist. So wie einer mitten im Schlaf einfällt, woran sie den Tag über lieber nicht denken mag. Jona fährt im Traum der Schrecken in alle Glieder, unruhig wälzt er sich von links nach rechts und dreht sich um sich selber. Die Aufgabe ist ihm zu groß. Manches ist ja zu groß. So groß zumindest, dass es die Seele nicht so leicht verdauen kann. Sie kaut darauf herum. Auch mitten in der Nacht, die eigentlich tiefen Schlaf bringen soll. Aber sie bringt einen Traum. Jona jedenfalls träumt. Er träumt, dass er sich schnell seine Sachen zusammensucht, sie hastig in einen Sack stopft. Dann läuft er los. Er rennt los. Weg von der Aufgabe, die größer ist als sein Mut. Im Traum, da wird die Angst ja manchmal vie

Singt von den Wundern

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Singt dem Herrn ein neues Lied, denn Wunder hat er getan! – Manchmal steigt es einfach auf, dieses Lied. Eine leise Melodie klingt im Herzen und drängt über die Lippen. Den Frauen und Männern, die mit Jesus unterwegs sind, geht das so. Sie haben ihr Ziel vor Augen, Jerusalem, die heilige Stadt. Und sie sehen den Weg, der sie bis hier gebracht hat . Der war von Wundern gesäumt, von Wundern, die sie selbst erlebt hatten. Ganz am Anfang, da fuhren sie mit ihren Booten auf den See und warfen die Netzen aus und machten einen Fang, der ihr Leben veränderte. Sie fuhren auch ein anderes Mal auf den See hinaus und der begann im Sturm zu toben und sie fürchteten um ihr Leben und plötzlich, plötzlich hörte das Brausen und Tosen auf und das Schiff dümpelte auf dem spiegelglatten Wasser. Wunder waren das, da standen ihnen die Münder offen und die Herzen staunten. Als fünf Brote und zwei Fische reichten, um 5000 Menschen satt zu machen, und am Ende noch mehr übrig blieb, als sie am Anfang hatte

Wo Glaube vielleicht anfängt

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Wir beginnen mit dem Ende. Mit dem Ende der Predigt vom letzten Sonntag . Da zitierten wir Dietrich Bonhoeffer. Der schrieb 1934 : Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Er schrieb und wir sagten: Gott gibt diese Kraft nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Wenn wir könnten, würden wir Bonhoeffer ja gern fragen, ob er diesen Glauben hat. Den Glauben, der alle Angst vor der Zukunft überwindet. Mit dem, was er schreibt, bewegt er sich ja dazwischen: Zwischen der Angst und dem Glauben. Zwischen der Furcht vor dem, was kommt, und dem Vertrauen auf den, der da ist. Als wären beide wirklich. Die Angst und der Glaube. Die Angst, die mich zittern lässt, weil ich nicht weiß, wie alles werden soll. Der Glaube, der mich ruhig macht, weil ich vertraue, dass es gut wird. Als würden beide in mir kämpfen. Mal singt der Gl

Ich weiß ja doch

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Mittendrin sind wir in der Passionszeit. In der Zeit, die vom Leiden erzählt. Zum Beispiel von Hiobs Leiden : Meine engsten Freunde verabscheuen mich. Sogar diejenigen, die mir am liebsten sind, stehen mir feindselig gegenüber. Meine Haut klebt nur noch an den Knochen. Nur das nackte Leben ist mir noch geblieben. Habt Mitleid, habt Mitleid mit mir, ihr seid doch meine Freunde! Denn Gott hat mich mit diesem Unglück geschlagen. Warum verfolgt ihr mich, wie Gott es tut? Wann hört ihr endlich auf, mich zu zerfleischen? Ach, wenn ich mir doch wünschen könnte, dass meine Verteidigungsrede aufgeschrieben wird – wie bei einer Inschrift, die man in den Stein ritzt! Mit einem Meißel soll man sie in den Fels hauen und ihre Buchstaben mit Blei ausgießen. Ich weiß ja doch, dass mein Erlöser lebt. Als mein Anwalt wird er auf der Erde auftreten und zum Schluss meine Unschuld beweisen. Mit zerfetzter Haut stehe ich hier. Abgemagert bin ich bis auf die Knochen. Trotzdem werde ich Gott sehen. Ich werde

Aus der Hand geben

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Es war Frühling in Jerusalem. Zeit für das Passahfest. Zeit, das Leben zu feiern und die Freiheit. Es befanden sich auch einige Griechen unter denen, die zum Fest nach Jerusalem gekommen waren, um Gott anzubeten. Die Griechen waren Fremde in dieser Stadt. Sie waren gekommen, weil sie von dem Gott gehört hatten, der hier angebetet wurde. Sie hatten die Geschichten gehört, die sich die Juden von ihrem Gott erzählten, gerade jetzt zum Passahfest. Unser Gott hat uns aus Ägypten und der Gefangenschaft befreit. So hieß es. Die Geschichten hatten die Griechen nach Jerusalem gezogen. Und auch ihre Sehnsucht. Nach einem Gott, der sie frei macht. Frei im alltäglichen Leben. Frei von denen da oben. Von den römischen Herren und ihren Helfershelfern. Von der Besatzungsmacht und allen ihren Steuern und Regeln. Und wenn die Römer erst einmal verschwunden wären und die äußeren Zwänge, dann würden auch all die anderen Zwänge von ihnen abfallen. Keine Sorgen mehr um das Auskommen und das Einkommen

Kinder der Dämmerung

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Wer von euch schon einmal auf dem Mond war, der weiß aus eigener Erfahrung: Dort wird es mit einem Schlag hell oder dunkel. Eben war noch Tag, jetzt ist Nacht. Eben war noch Finsternis, jetzt ist Licht. Für die Erdlinge dagegen gibt es die Dämmerung. Zwischen Tag und Nacht breitet sie sich mal länger, mal kürzer aus. Die Finsternis kriecht langsam heran und schluckt das Licht. Der Tag bricht zaghaft an und vertreibt die Nacht. Wir gehen davon aus, dass von euch keiner jemals auf dem Mond war. Und wir unterstellen, dass auch keine hinter dem Mond leben will. Dort, wo Licht und Dunkel wechseln, als würde man einen Schalter umlegen. Wir leben dort, wo es reichlich Dämmerung gibt. Um diese Jahreszeit erleben wir sie oft am Esstisch. Während wir frühstücken, kommt das Tageslicht. Beim Abendbrot leuchtet kurz vor der Dunkelheit das Abendrot auf. Es gibt Menschen, die ziehen morgens vor Tagesanbruch mit der Kamera los, um den Sonnenaufgang einzufangen und ihn dann auf Facebook oder Instag

Narrenrede über die Liebe

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Heute machen wir uns zur Närrin und zum Narren. Wir reden als Närrin der Liebe. Und als Narr Liebe. Ich bin eine Närrin der Liebe. Ich setze mich stundenlang vors Smartphone und warte, dass endlich die Nachricht kommt, auf die ich sehnsüchtig warte. Ich bin ein Narr der Liebe. Ich schreibe einen Liebesbrief. Und ich schaue zu, wie das Mädchen all ihre Freundinnen um sich versammelt, um mit ihnen meinen Brief zu lesen. Ich tue Dinge, die ich nie tun würde, wenn ich bei klarem Verstand wäre. Aber ich bin es ja nicht. Aus Liebe werde ich zur Närrin. Andere lachen über mich und über das, was ich sage und tue. Und auch über das, was ich fühle. Aus Liebe werde ich zum Narr. Ich bin eine Närrin der Liebe. Ich verabrede mich mit der Freundin, um ihr endlich zu sagen, was ich ihr schon lange sagen muss und bei dem ich nicht weiß, wie sie darauf reagieren wird. Ich bin ein Narr der Liebe. Ich sage laut, was alle leise tratschen. Was alle wissen und dennoch als Geheimnis bewahren wollen – i

Was schenken wir denn dieses Jahr?

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Eine kleine Weihnachtsgeschichte zur Jahreslosung 2021 Jesus sagt: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Lukas 6,36) Die Weisen waren fertig zum Aufbruch. Die Decken lagen auf den Kamelen. Die Bündel mit den Siebensachen hingen an den Höckern. Die Fernrohre lugten griffbereit aus den Umhängetaschen. „Halt!“, sagte da der Erste, „die Geschenke!“ „Dass wir die aber auch jedes Mal vergessen“, meinte der Zweite. „Ach nee“, stöhnte der Dritte, „was nehmen wir denn dieses Jahr mit?“ Im ersten Jahr war ihnen die Entscheidung noch leicht gefallen. Gold, Weihrauch und Myrrhe mussten es sein. So sehr freuten sie sich über die angekündigte Geburt. So besonders musste das Kind sein, das sie noch gar nicht kannten. Bei den Besuchen danach fiel es ihnen jedes Mal schwerer, etwas auszuwählen. In einem Jahr strickten ihre Frauen warme Socken und Handschuhe und eine Mütze. Als sie damit in Nazareth bei dem Kind ankamen, erschienen ihnen die Geschenke zwar sinnvoll, aber una