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Es werden Posts vom Januar, 2014 angezeigt.

Der Morgenstern leuchtet

"Von drauß' vom Walde komm ich her; / Ich muss euch sagen, es weihnachtet …" gar nicht mehr. Wir sind in der vierten Woche nach Heiligabend. Die Tannenbäume warten auf Biike, das Geschenkpapier ist entsorgt, der Schmuck liegt wieder in den Kartons auf dem Dachboden, die Geschenke sind beiseite gelegt. Weihnachten? War da was? Ist da noch etwas übrig? Von dem wunderbaren Weihnachtsgefühl – dieser Mischung aus Staunen und Freude und Erfüllung? „Ich muss jetzt erst einmal runterkommen“, hat in dieser Woche eine Frau gesagt. „Mich wieder zurechtfinden im Alltag.“ Immerhin: Hier und da finden sich im Alltag noch Spuren von Weihnachten. Ein vergessener Engel im Fensterrahmen vielleicht. Ein paar letzte Plätzchen. Ein Stapel Weihnachtskarten. Oder der Herrnhuter Stern, der noch in der Kirche hängt und leuchtet. Wann wir ihn denn abhängen sollen, habe ich unseren Küster gefragt. "Wenn ihr sagt, dass ich ihn abhängen soll", hat er geantwortet. Also hängt er noch, der Ste

Gott nahe zu sein ist ihr Glück

Die Frau steht an der großen Friedhofspforte und schaut. Der Turm hebt sich in den blauen Himmel, der Backstein leuchtet in der späten Sonne. Sie läuft zwischen den alten Grabsteinen hindurch auf die Kirchentür zu. Sie steht offen, als würde sie auf sie warten. Die Frau betritt den Vorraum und zögert einen Augenblick. Die Augen müssen sich erst an das dunklere Licht gewöhnen. Durch die Glastür geht sie in das Kirchenschiff und bleibt stehen. Sie schaut auf den Altar und die große Johannesfigur. Langsam setzt sie sich in eine Bank auf der rechten Seite. Die Kirche wirkt immer noch hoch und licht und klar wie bei ihrem letzten Besuch. Das junge Mädchen in ihr wird wach. Sie spürt wieder die Wärme, die die Mutter an ihrer Seite ausstrahlt. Und sie erinnert sich an längst vergangene, aber nicht vergessene Zeiten. Die alten Lieder klingen in ihr an. Der Pastor, der sie konfirmierte, steht mit zum Segen ausgebreiteten Armen vor dem Altar. Vor ihrem inneren Auge laufen die Jahrzehnte ihres L

Weise Wege

Zwei Weise, irgendwo im Morgen- oder Abendland: - Hast du den Stern gesehen? - Ja. Der ist ja nicht zu übersehen. - Und du weißt auch, was er bedeutet!? - Natürlich weiß ich das. Wir müssen los. - Und warum stehst du dann hier so tatenlos herum? Ich habe längst gepackt. Meinetwegen können wir sofort aufbrechen. Und du? - Ich weiß nicht. Ich muss noch packen. - Du wirst doch jetzt nicht kneifen! - Nein. - Aber? - Auch wenn ich weiß, dass wir los müssen, heißt das nicht, dass ich los will. - Aber das haben wir doch immer gesagt: Wenn wir einmal den Stern sehen, dann ziehen wir los. - Wenn ich geahnt hätte, dass der Stern tatsächlich … - Aber du hast das doch auch immer gesagt. - Du hast gut reden. Du kannst einfach losziehen. Dich hält hier ja nichts. - Ach so? Woher weißt du das? - Ich habe hier Familie. Meine Mutter braucht mich. Sie kommt nicht allein klar mit meinem Vater. - Und du meinst, weil es niemanden gibt, den ich hier zurücklasse, kann ich einfach so aufbrechen? - Na ja. - Ic