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Es werden Posts vom November, 2020 angezeigt.

Ein Augenblick in der Menge

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"Siehe, dein König kommt zu dir!" Wir haben gerade am Straßenrand gestanden und zugesehen. Zwischen Menschen, die aufgeregt die Arme schwenkten und sich heiser jubelten. Wir sind ja leider nicht so groß und haben also nicht allzu viel gesehen. Außer den Menschen vor und neben und hinter uns, die nur mit Mühe Sicherheitsabstand hielten. Aber weil wir nur diese Menschen sahen, konnten wir sie uns in Ruhe anschauen und uns fragen, was sie wohl bewegt, warum ausgerechnet sie mit uns am Straßenrand standen. Manchen konnte man es ansehen. Zumindest haben wir uns eingebildet, dass wir es könnten. Bei den meisten war ja wegen der Masken nicht viel zu sehen vom Gesicht. Etwas vor uns stand zum Beispiel dieser Mann. Etwas älter schon, die Maske war unter die Nase gerutscht. Immer wieder riss er die linke Hand hoch. In der hielt er einen großen schwarzen Schirm. Das sah ein wenig so aus, als wollte er in den Kampf ziehen. Gemeinsam mit dem König. Gegen irgendwelche Feinde, von denen er

Trille und Opa waren traurig

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Trille und Opa waren traurig. Tante-Oma war gestorben. Am Sonntag, als der Schnee kam. Da war sie gestorben. Eben war Trille noch bei ihr gewesen. Er hatte bei ihr auf dem Sofa gesessen und hatte Waffeln gegessen, die niemand so lecker zubereiten konnte wie Tante-Oma. Er hatte sich bei ihr angekuschelt, während sie erzählte. Tante-Oma hatte das größte, wärmste Herz, das Trille kannte. Sie hatte nur einen Fehler, das Stricken. Immer verschenkte sie zu Weihnachten etwas Gestricktes – statt eines Geschenkes, das man im Spielzeugladen kaufen konnte. Aber nun war Tante-Oma tot. Unwirklich fühlte sich das an. Wie konnte jemand, der immer da war, plötzlich nicht mehr da sein? Und unwirklich sah das auch aus: Tante-Oma lag in ihrem Sarg als würde sie ganz friedlich schlafen. Aber die Hand war kalt. Sie sind gestorben, die Menschen, an die wir heute denken, für die wir eben Lichter angezündet haben. Sie sind gestorben, ihre und eure Herzensmenschen. Der Mann, die Frau. Die Mutter, der Va

Haltet mit allen Menschen Frieden

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"Haltet mit allen Menschen Frieden, soweit das möglich ist und es an euch liegt." Paulus schreibt das an die Gemeinde in Rom. Zusammen mit vielen weiteren Empfehlungen, die sich wie lange To-do-Liste für den Frieden lesen.  Wir sind so frei und verlängern sie noch um einen weiteren Punkt: „Mensch, ärgere dich nicht!“ Wer jetzt an das Spiel denkt, denkt genau richtig.  Da spielen also zwei miteinander Mensch-ärgere-dich-nicht. Sagen wir: Die Roten und die Blauen. Es ist eine typische Partie. Blau hat zuerst eine Figur ins Haus gebracht. Danach Rot gleich zwei. Dann wieder Blau eine. So geht das Spiel hin und her. Zwischendurch schmeißen sich Rot und Blau gegenseitig raus. Blau stellt die roten Figuren dann vorsichtig zurück auf rote Feld. Rot dagegen kickt die blauen Figuren quer übers Spielfeld. Rot bekommt beim Spielen einen roten Kopf und schimpft und wütet. Blau muss ebensolches Blut haben. Jedenfalls bleibt er die ganze Zeit über entspannt und freundlich. Am Ende des

Heimgesucht

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„Ich will euch heimsuchen.“ Jeremia schreibt das auf für Gott. Gott lässt das ausrichten. „Ich will euch heimsuchen.“ Wir haben nachgeschaut auf www.duden.de . Da steht unter heimsuchen: „Als etwas Unerwünschtes, Unheilvolles über jemanden kommen“. Als Beispiel steht dort: „Ein Krieg, eine Dürre suchte das Land heim.“ Dort könnte auch stehen: „Eine Pandemie suchte viele Länder heim.“ Das Robert-Koch-Institut meldet seit zwei Wochen jeden Tag neue Rekordwerte bei der Zahl derer, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben. Es gibt Animationen, die zeigen, wie sich die Ansteckungsrate entwickelt. Innerhalb eines Monats verfärbt sich das Land wie Blätter im Herbst: Von grün über gelb und orange hin zu rot. Die, die sich anstecken, werden tatsächlich von der Krankheit heimgesucht. Für manche scheint es nicht mehr zu sein als eine Grippe. Andere kommen knapp mit dem Leben davon und leiden noch Wochen später unter Atemnot. Unter den Folgen der Pandemie leiden alle, auch die, die sic