"Ganz anders" - ein Dialog am Strand
Eigentlich bin ich ganz anders.
Ach was.
Ich komme nur so selten dazu.
Das habe ich befürchtet.
Was hast du befürchtet?
Dass da noch ein Zusatz kommt.
Das hättest du wohl gern, dass ich ganz anders wäre.
Naja.
Gib's ruhig zu, wir sind ja unter uns. Fast.
Ganz anders nicht, aber manchmal könntest du …
Hör auf, ich will das lieber gar nicht wissen.
Aber du hast doch eben selber gesagt …
Das war doch nur ein Zitat. Stammt von Ödon von Horvath. Und Udo Lindenberg und Jan Delay singen das.
Achso.
Ja.
Du bist also doch nicht ganz anders. Weder eigentlich noch überhaupt.
Bist du es denn?
Schon. Ich bin wirklich eigentlich ganz anders.
Bloß leider kommst du so selten dazu.
Man müsste immer Urlaub haben.
Was hat das damit zu tun?
Im Urlaub ist immer alles anders.
Soll das heißen: Im Urlaub kommst dudazu, anders zu sein?
Naja. Ich habe Zeit für die Kinder. Für ein Glas Wein mit dir. Für einen Strandspaziergang.
Ich glaube, du verwechselt da was.
Nämlich?
Andere Dinge tun und anders sein. Anders sein ist etwas anderes als andere Dinge tun.
Finde ich nicht. Wenn ich im Urlaub andere Dinge tue, bin ich auch anders. Und umgekehrt: Weil ich im Urlaub anders bin, kann ich andere Dinge tun.
Aha.
Verstehst du?
Nein.
Liegt doch auf der Hand. Im Alltag, da bin ich gebunden an all die Pflichten, denen ich genügen muss. Und dann denke ich manchmal: Das bin gar nicht ich, die das alles tun muss. Das ist eine andere, die das alles tut. Eigentlich bin ich doch ganz anders.
Und du meinst, im Urlaub ist das alles ganz anders? Im Urlaub bist du anders?
Ja, das meine ich. Es fühlt sich jedenfalls so an.
Es fühlt sich so an.
Hast du was dagegen?
Es fühlt sich so an. Ich weiß nicht: Ob du dich nun so oder anders fühlst – darum geht es doch nicht.
Sondern?
Darum ganz anders zu sein. Ein ganz anderer zu werden. – Man müsste hinfallen.
Bitte?
Man müsste hinfallen. Wie Saulus auf dem Weg nach Damaskus:
Dann könnte man ganz anders werden.
Und davor müsste man drei Tage blind sein und nichts essen und nichts trinken? So heißt es doch:
Ich weiß nicht.
Ich auch nicht. Aber das gehört doch dazu, wenn ich wirklich ganz anders werde: Ich nehme Abschied. Ich lasse den Menschen hinter mir, der ich bislang war.
Willst du das wirklich?
Ich nicht. Und ich glaube Saulus auch nicht.
Aber ihm bleibt nichts anderes übrig.
Ja. Der fährt nicht in den Urlaub, um mal ein paar Tage anders zu sein – der, der er gern wäre.
Der wird gezwungen ein anderer zu werden. Schrecklich, eigentlich. All das, was ihm bislang richtig erschien, muss ihm nun falsch vorkommen.
Ja. Das, worauf er sein Leben baute, zerbröselt unter ihm. Er muss noch mal von vorne anfangen.
Kein Wunder, dass er drei Tage blindist und nicht isst und nicht trinkt.
Ja, sein Leben bricht um. Es wird umgebrochen.
Das ist der Unterschied. Saulus sagt nicht: Eigentlich bin ich ganz anders. Gott sagt zu ihm: Ich will dich ganz anders.
Nicht: Ich komme nur so selten dazu. Sondern: Nun werde es. Sei ein anderer.
Mir macht das Angst.
Ja. So will ich nicht ein ganz anderer werden.
Ob das überhaupt einer will? Aber manchmal muss das einer. Dem bricht einfach sein altes Leben weg. Und dann muss er ein anderes, ein neues finden.
Selig, wenn ihm das gelingt.
Saulus würde womöglich sagen: Da liegt Segen drauf. Auf der Lebenskrise liegt Segen. In ihr kam Gott, kam der Heilige Geist zu mir.
Das mag sein. Aber das hätte er bestimmt nicht in der Krise gesagt. Sondern erst, als er sie überwunden hatte. Als er wieder sehen konnte und wieder bei Kräften war.
Ja, so würde Saulus das im Rückblickwohl sagen: Durch die Krise bin ich ganz anders geworden. Gott hat mich und mein Leben ganz anders gemacht.
Und was macht es nun aus, das andere Leben? Woran erkennt Saulus, dass er nun ganz anders ist und auch dazu kommt, es zu sein?
Vielleicht erkennt er es an den Händen. Ich jedenfalls würde es an den Händen erkennen.
Bitte?
Ich meine das als Bild: Ich kann so leben, als wären mir die Hände gebunden. Die Pflichten und Zwänge binden mir die Hände.
Und sie führen dich dahin, wo du nicht hin willst. Und wenn du dagegen angehst, schneiden die Fesseln dir in die Handgelenke.
Ich kann auch mit fest zur Faust geballten Händen leben. Ich greife nach dem, was ich will, und halte es mit aller Kraft fest.
Das strengt an, die Hände so zu ballen, um mein Glück festzuhalten, damit andere es mir nicht aus der Hand reißen.
Und es strengt an, weil ich immer schneller zugreifen muss als die anderen – sonst haben die mein Glück und nicht ich.
Und weil ich es in meiner Faust verberge und festhalten muss, kann ich es gar nicht genießen.
Ich kann auch mit geöffneten Händen leben. Ich halte meine Hände hin und warte, was mir hineingelegt wird.
Was Gott hineinlegt in dein Leben. An Güte, die kostbar ist und köstlich wie Wind und Sonne und Weite und Lachen.
Und ich kann das alles anschauen und bestaunen und den Segen sehen, der darauf liegt.
Und andere können sich mit dir freuen.
Und ich kann ihnen weitergeben von der Güte, die ich geschenkt bekomme.
So könnte das sein, wenn du ganz anders wärst.
Aber das sind wir doch. Eigentlich sind wir doch ganz anders. Gott hat das in uns hineingelegt.
Wenn wir bloß öfter dazu kämen. Dazu müssten wir wohl wieder in den Urlaub fahren: Um die Hände zuöffnen und zu staunen, wie Gott sie mit seiner Güte füllt.
Unser Urlaub ist leider vorbei. Aber Gott sei Dank wohnen wir ja da, wo andere Urlaub machen.
Ach was.
Ich komme nur so selten dazu.
Das habe ich befürchtet.
Was hast du befürchtet?
Dass da noch ein Zusatz kommt.
Das hättest du wohl gern, dass ich ganz anders wäre.
Naja.
Gib's ruhig zu, wir sind ja unter uns. Fast.
Ganz anders nicht, aber manchmal könntest du …
Hör auf, ich will das lieber gar nicht wissen.
Aber du hast doch eben selber gesagt …
Das war doch nur ein Zitat. Stammt von Ödon von Horvath. Und Udo Lindenberg und Jan Delay singen das.
Achso.
Ja.
Du bist also doch nicht ganz anders. Weder eigentlich noch überhaupt.
Bist du es denn?
Schon. Ich bin wirklich eigentlich ganz anders.
Bloß leider kommst du so selten dazu.
Man müsste immer Urlaub haben.
Was hat das damit zu tun?
Im Urlaub ist immer alles anders.
Soll das heißen: Im Urlaub kommst dudazu, anders zu sein?
Naja. Ich habe Zeit für die Kinder. Für ein Glas Wein mit dir. Für einen Strandspaziergang.
Ich glaube, du verwechselt da was.
Nämlich?
Andere Dinge tun und anders sein. Anders sein ist etwas anderes als andere Dinge tun.
Finde ich nicht. Wenn ich im Urlaub andere Dinge tue, bin ich auch anders. Und umgekehrt: Weil ich im Urlaub anders bin, kann ich andere Dinge tun.
Aha.
Verstehst du?
Nein.
Liegt doch auf der Hand. Im Alltag, da bin ich gebunden an all die Pflichten, denen ich genügen muss. Und dann denke ich manchmal: Das bin gar nicht ich, die das alles tun muss. Das ist eine andere, die das alles tut. Eigentlich bin ich doch ganz anders.
Und du meinst, im Urlaub ist das alles ganz anders? Im Urlaub bist du anders?
Ja, das meine ich. Es fühlt sich jedenfalls so an.
Es fühlt sich so an.
Hast du was dagegen?
Es fühlt sich so an. Ich weiß nicht: Ob du dich nun so oder anders fühlst – darum geht es doch nicht.
Sondern?
Darum ganz anders zu sein. Ein ganz anderer zu werden. – Man müsste hinfallen.
Bitte?
Man müsste hinfallen. Wie Saulus auf dem Weg nach Damaskus:
"Kurz vor der Stadt, umstrahlte ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er stürzte zu Boden und hörte eine Stimme, die zu ihm sagte: »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?« Er fragte: »Wer bist du, Herr?« Die Stimme antwortete: »Ich bin Jesus, den du verfolgst. … Den Männern, die Saulus begleiteten, verschlug es die Sprache. Sie hörten zwar die Stimme, doch sie sahen niemand. Saulus erhob sich vom Boden. Er öffnete die Augen, aber er konnte nichts sehen. Seine Begleiter nahmen ihn an der Hand und führten ihn nach Damaskus." (Apostelgeschichte 9,3-8 –www.basisbibel.de)Und dann?
Dann könnte man ganz anders werden.
Und davor müsste man drei Tage blind sein und nichts essen und nichts trinken? So heißt es doch:
"Drei Tage lang war Saulus blind. Er aß nichts und trank nichts. In Damaskus lebte ein Jünger namens Hananias. Dem erschien der Herr und sprach ihn an: »Hananias!« Hananias antwortete: »Hier bin ich, Herr!« Der Herr sagte: »Steh auf! Geh in die Gerade Straße und frage im Haus von Judas nach Saulus aus Tarsus. Sieh doch! Er ist dort und betet. … Da machte sich Hananias auf den Weg und ging in das Haus. Er legte Saulus die Hände auf und sagte: »Saul, Bruder, der Herr hat mich gesandt – Jesus, der dir auf dem Weg hierher erschienen ist. Du sollst wieder sehen können und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden.« Sofort fiel es Saulus wie Schuppen von den Augen und er konnte wieder sehen. Er stand auf und ließ sich taufen. Dann aß er etwas und kam wieder zu Kräften. (Apostelgeschichte 9,9-11.17-20 – www.basisbibel.de)Ja. Das muss man wohl: Drei Tage blind sein und nichts essen und nichts trinken.
Ich weiß nicht.
Ich auch nicht. Aber das gehört doch dazu, wenn ich wirklich ganz anders werde: Ich nehme Abschied. Ich lasse den Menschen hinter mir, der ich bislang war.
Willst du das wirklich?
Ich nicht. Und ich glaube Saulus auch nicht.
Aber ihm bleibt nichts anderes übrig.
Ja. Der fährt nicht in den Urlaub, um mal ein paar Tage anders zu sein – der, der er gern wäre.
Der wird gezwungen ein anderer zu werden. Schrecklich, eigentlich. All das, was ihm bislang richtig erschien, muss ihm nun falsch vorkommen.
Ja. Das, worauf er sein Leben baute, zerbröselt unter ihm. Er muss noch mal von vorne anfangen.
Kein Wunder, dass er drei Tage blindist und nicht isst und nicht trinkt.
Ja, sein Leben bricht um. Es wird umgebrochen.
Das ist der Unterschied. Saulus sagt nicht: Eigentlich bin ich ganz anders. Gott sagt zu ihm: Ich will dich ganz anders.
Nicht: Ich komme nur so selten dazu. Sondern: Nun werde es. Sei ein anderer.
Mir macht das Angst.
Ja. So will ich nicht ein ganz anderer werden.
Ob das überhaupt einer will? Aber manchmal muss das einer. Dem bricht einfach sein altes Leben weg. Und dann muss er ein anderes, ein neues finden.
Selig, wenn ihm das gelingt.
Saulus würde womöglich sagen: Da liegt Segen drauf. Auf der Lebenskrise liegt Segen. In ihr kam Gott, kam der Heilige Geist zu mir.
Das mag sein. Aber das hätte er bestimmt nicht in der Krise gesagt. Sondern erst, als er sie überwunden hatte. Als er wieder sehen konnte und wieder bei Kräften war.
Ja, so würde Saulus das im Rückblickwohl sagen: Durch die Krise bin ich ganz anders geworden. Gott hat mich und mein Leben ganz anders gemacht.
Und was macht es nun aus, das andere Leben? Woran erkennt Saulus, dass er nun ganz anders ist und auch dazu kommt, es zu sein?
Vielleicht erkennt er es an den Händen. Ich jedenfalls würde es an den Händen erkennen.
Bitte?
Ich meine das als Bild: Ich kann so leben, als wären mir die Hände gebunden. Die Pflichten und Zwänge binden mir die Hände.
Und sie führen dich dahin, wo du nicht hin willst. Und wenn du dagegen angehst, schneiden die Fesseln dir in die Handgelenke.
Ich kann auch mit fest zur Faust geballten Händen leben. Ich greife nach dem, was ich will, und halte es mit aller Kraft fest.
Das strengt an, die Hände so zu ballen, um mein Glück festzuhalten, damit andere es mir nicht aus der Hand reißen.
Und es strengt an, weil ich immer schneller zugreifen muss als die anderen – sonst haben die mein Glück und nicht ich.
Und weil ich es in meiner Faust verberge und festhalten muss, kann ich es gar nicht genießen.
Ich kann auch mit geöffneten Händen leben. Ich halte meine Hände hin und warte, was mir hineingelegt wird.
Was Gott hineinlegt in dein Leben. An Güte, die kostbar ist und köstlich wie Wind und Sonne und Weite und Lachen.
Und ich kann das alles anschauen und bestaunen und den Segen sehen, der darauf liegt.
Und andere können sich mit dir freuen.
Und ich kann ihnen weitergeben von der Güte, die ich geschenkt bekomme.
So könnte das sein, wenn du ganz anders wärst.
Aber das sind wir doch. Eigentlich sind wir doch ganz anders. Gott hat das in uns hineingelegt.
Wenn wir bloß öfter dazu kämen. Dazu müssten wir wohl wieder in den Urlaub fahren: Um die Hände zuöffnen und zu staunen, wie Gott sie mit seiner Güte füllt.
Unser Urlaub ist leider vorbei. Aber Gott sei Dank wohnen wir ja da, wo andere Urlaub machen.
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