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Eine Spur legen

„ Nordkirche laufen die Mitglieder weg “, so titelte am Dienstag die SHZ auf Seite 1. „Austrittswelle hält an: Minus von fast 48.000 in einem Jahr.“ „Die Nordkirche hat im vergangenen Jahr den größten Mitgliederverlust seit Jahren hinnehmen müssen. Ende 2014 zählte die evangelische Kirche in Schleswig-Holstein, Hamburg, und Mecklenburg-Vorpommern 2,146 Millionen Mitglieder. Ein Jahr zuvor waren es noch 2,193 Millionen. Unterm Strich sind es genau 47.481 Menschen weniger. Dies geht aus einer amtlichen Statistik hervor. Offen ist noch, wie hoch der Anteil der Kirchenaustritte am Mitgliederverlust ist.“ Ich füge hinzu: Aus den vergangenen Jahren weiß man, dass er bei ungefähr zwei Dritteln liegen dürfte. Im Kommentar auf Seite 2 heißt es dazu: „Die schrumpfenden Mitgliederzahlen sind längst nicht allen in der Landeskirche als existenzgefährdendes Problem bewusst. Man hat sich eher daran gewöhnt, dass man immer kleiner wird. Will die Kirche auch weiterhin gesellschaftlich relevant bleiben,

"...damit mein Haus voll wird!"

Warum läuten bloß schon die Glocken? Er versucht auf seine Uhr zu schauen. Aber der Talar, den er über den Arm gelegt hat, versperrt ihm die Sicht. Er geht einen Schritt schneller. Es ist doch noch eine halbe Stunde Zeit, murmelt er. Kurz darauf betritt er seine Kirche. Da stimmt etwas nicht, ist sein erster Gedanke. Stimmengewirr hört er und ein Klirren, wie von Gläsern. Er schnuppert. Wonach riecht das? Holunderblüten? Jedenfalls nicht nach Kirche. Er macht noch die paar Schritte bis zum Mittelgang, dann erstarrt er. Menschen sitzen in der Vierung, rund um eine große Tafel aus Tischen. Er weiß nicht, wo er zuerst hinschauen soll. Seine Augen laufen die Tische auf und ab. Weiße Tischdecken haben sie aufgelegt, bunte Sträuße stehen in Tonvasen, Bauernrosen und Holunder und diese gelben Blumen – wie heißen die noch mal? Karaffen mit Wasser, das Sonnenlicht bringt sie zum Funkeln. Körbe mit Brot haben sie verteilt. Er sieht Hände, die nach Gläsern greifen. Menschen stoßen miteinander an.

Alte Seele ganz neu

Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie alt Ihre Seele ist. Ich jedenfalls weiß es seit gestern. Achso? Woher das? Aus dem Internet. Bei Focus.de gibt es einen Test. Den habe ich gemacht. Und? Was war das Ergebnis. Na, rate mal. Ich schätze mal: 45 Jahre. Kalt. Ganz kalt. Älter oder jünger? Älter. Viel älter. Nun sag schon. Also: Meine Seele ist, sagt Focus.de, eine der ältesten überhaupt. 1.500 Jahre ist sie alt. Sie existiert seit dem römischen Reich. Das würde ja manches an dir erklären. Und wie kommt Focus.de darauf? Nun. Ich freue mich mehr über grüne Ampeln als über einen Aufzug, auf den ich nicht warten muss. Ich zerreiße lieber einen Pappdeckel, als dass ich Luftpolsterfolie zum Platzen bringe. Ich rieche lieber frisch gemähtes Gras als frisch gebackene Kekse. Zum Beispiel. Und das macht deine Seele 1.500 Jahre alt? Sagt Focus.de. Pass auf. Ich lese es dir vor: „Ihre Seele ist eine der ältesten überhaupt. Sie gab es schon zu der Zeit, in der das Römische Reich fiel und das Christen

Wir feiern den Traum, den wir im Herzen tragen

„Jeder trägt einen Traum im Herzen.“ Lukas zum Beispiel. Er träumt von einer Gemeinschaft, in der Gerechtigkeit und Frieden sich küssen. Es ist der Traum von einer anderen Welt. Von einer Welt, in der sich Menschen auf Augenhöhe begegnen. Einmal wird es so sein. Eine Frau wird nicht auf ihr cremefarbenes Kostüm achten und eine andere umarmen, die nach ungeputzten Zähnen und feuchtem Schlafsack und kaltem Schweiß stinkt. Und sie werden sich gegenseitig geben, was die eine und die andere zum Leben braucht. Einmal wird es so sein. Ein Mann wird eine Frau umarmen und dabei vergessen, dass er der Chef ist und sie die Sekretärin, und er wird nicht meinen, dass er mit ihr tun kann, was er will. Und sie werden sich unterhalten und sich verstehen, Mann und Frau, jeder und jede als ein Teil des Ganzen. Einmal wird es so sein. Der Machtmensch wird sich aus Brüssel auf den Weg machen und in Melilla im Norden Afrikas ein Loch in den Zaun schneiden und den Jugendlichen bei der Hand nehmen, der sich