Da wunderst du dich
Ein Dialog zur Goldenen Konfirmation
Es ist ein
Wunder.
Hhm.
Wunderst du dich nicht?
Mich wundert schon lange nichts mehr.
Ich wundere mich.
Ja, das merke ich. – Worüber
wunderst du dich eigentlich?
Über das Leben im Allgemeinen.
Ah ja.
Und die Vögel und Blumen im
Besonderen.
Achso.
Du wunderst dich wirklich nicht?!
Nee. Höchstens über dich und deine
Begeisterung.
Wieso?
Was ist an Vögeln und Blumen schon
besonderes? Die einen fliegen herum. Die anderen stehen herum.
Eben. Das ist doch das Wunder.
Herumfliegen und herumstehen?
Schau doch einmal genau hin. Die
Blumen hier in der Kirche zum Beispiel. Die sind doch ganz wunderbar.
Du schaust sie an und denkst: Wie schön, dass es so etwas Schönes
gibt. Einfach nur so.
Und machen nichts anderes als
herumstehen. Im Garten oder in der Kirche.
Und sind dabei schön. Genau.
Was mich wundert...
Ah!
Was mich – erstaunt, ist, dass die
Blumen ein Gleichnis sein sollen. Für das Leben eines Menschen und
Gottes Segen in ihm.
Wieso sollten sie das nicht sein?
Herumstehen und schön sein –
darauf soll Segen liegen?
Schönheit ist doch ein Segen.
Meinetwegen. Aber herumstehen! Ich
habe es da eher mit den Vögeln. Die fliegen wenigsten herum. Die tun
wenigstens noch etwas. Die verdienen sich das Leben und ihren Segen.
Muss man sich das verdienen?
Ob man es sich verdienen muss, weiß
ich nicht. Aber ich weiß, dass man etwas dafür tun muss. Da
brauchst du nur die Goldenen Konfirmanden hier zu fragen.
Du meinst, die haben was getan für
ihren Segen.
Jeder tut etwas für seinen Segen.
Wenn wir euch jetzt fragen! Keine Angst, ihr müsst jetzt nicht
antworten! Aber wenn wir viel Zeit hätten, könnte jeder von euch
einzeln erzählen.
Dann würden wir über 50 Geschichten
aus 50 Jahren hören. Mehr als 50 verschiedene Lebenswege.
Vermutlich alle würden davon
erzählen, dass ihr irgendwann ausgeflogen seid. Von Zuhause, einige
auch von der Insel.
Aus der Kindheit und Jugend hinaus in
die Ausbildung, ins Studium. In die Arbeit. Womöglich in die eigene
Familie.
Und alle Geschichten würden davon
erzählen, dass man das Ende von Kindheit und Jugend daran erkennt,
dass ständig etwas zu tun ist.
Jetzt verstehe ich dich: Ein Hin- und
Herfliegen. Wie bei den Vögeln.
Siehst du. Man muss etwas tun für
seinen Segen.
Aber es ist ja nicht dein Segen. Es
ist Gottes Segen. Und die Vögel wissen das.
Was wissen die Vögel?
Ich stelle mir vor: Die fliegen zwar
hin und her und tun etwas. Aber die tun das ganz gelassen. Weil sie
wissen, den Segen...
… gibt es sowieso. Ich habe dich
verstanden. Es geht um die innere Haltung.
Genau. Es geht um den Glauben. Oder
besser: Um das Vertrauen in das tägliche kleine Wunder, dass es
reicht.
Es reicht, was du tust. Es reicht,
was du hast. Weil Segen darauf liegt. Ein Wunder.
Und um das Wundervertrauen zu finden,
hilft es, wenn du manchmal Blume bist.
Einfach nur schön sein und
herumstehen?
Das ist mehr als „einfach nur“.
Das ist harte Arbeit: Sich wie eine Sonnenblume hinstellen und das
Gesicht nach der Sonne ausrichten und sich anstrahlen lassen.
Ah. Und auch das ist ein Gleichnis.
Ein Gleichnis für die Goldene Konfirmation, zum Beispiel. Oder auch
einen 40. Hochzeitstag.
Was?
Naja, an so einem Tag wie heute
stehst du herum und schaust in die Sonne.
Wenn sie denn scheint.
Die scheint bestimmt. Über deinem
Leben. Schau nur hin. Darum geht es: Ums Hinschauen. Damit du das
Wunder siehst. Wir können wieder die Goldenen Konfirmanden fragen.
Ja, und ich ahne, was sie erzählen
sollen. Wir fragen euch nach den Höhepunkten in eurem Leben. Nach
dem, was schön war und gut. Was sich erfüllt hat. Was euch erfüllt
hat.
Wieder hätten wir über 50
Erzählungen aus 50 Jahren. Geschichten, die das Herz zum Hüpfen und
das Gesicht zum Strahlen bringen.
Und aus diesen Geschichten wächst
das Vertrauen: Es reicht. Gottes Segen reicht für ein ganzes Leben.
Ein Wunder.
Manche Geschichten würden aber auch
davon erzählen, dass Blumen zart sind und verblühen. Glück kann
wieder gehen. Oder auch ganz ausbleiben.
Auch deswegen ist es gut, dass wir
heute hier sind und eure Goldene Konfirmation feiern. Damit ihr hört
und erfahrt: Es liegt Segen auf eurem Leben.
Es liegt Segen darauf, wenn du hin-
und herfliegst. Und es liegt Segen darauf, wenn du herumstehst.
Es liegt Segen auf dem, wofür du
etwas tust. Und es liegt Segen auf dem, was du einfach so bekommst.
Ich finde: Das ist ein Wunder.
Siehst du. Das habe ich doch gleich
gesagt. Aber du wolltest dich ja nicht wundern.
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