Ihr werdet euer Wunder erleben

I.

Manche Tage sind einfach besonders. Das, was an ihnen geschieht, hebt sie heraus aus dem täglichen Einerlei. Und lange wirkt nach, was ich an ihnen erlebe.
Um so einen besonderen Tag geht es in der Geschichte von Simon Petrus und den Fischern und Jesus – sie wird euch Konfirmandinnen und Konfirmanden irgendwie bekannt vorkommen:

Einmal drängte sich die Volksmenge um Jesus und wollte hören, wie er Gottes Wort verkündete.
Jesus stand am See Gennesaret. Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und reinigten die Netze. Jesus stieg in eines der Boote, das Simon gehörte. Er bat Simon, ein Stück vom Ufer wegzufahren. Dann setzte er sich und sprach vom Boot aus zu den Leuten.
Als Jesus seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: "Fahre hinaus in tieferes Wasser! Dort sollt ihr eure Netze zum Fang auswerfen!" Simon antwortete: "Meister, wir haben die ganze Nacht hart gearbeitet und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, will ich die Netze auswerfen."
Simon und seine Leute warfen die Netze aus. Sie fingen so viele Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten. Sie winkten die Fischer im anderen Boot herbei. Sie sollten kommen und ihnen helfen. Zusammen beluden sie beide Boote, bis sie fast untergingen.
Als Simon Petrus das sah, fiel er vor Jesus auf die Knie und sagte: "Herr, geh fort von mir! Ich bin ein Mensch, der voller Schuld ist!" Denn Schrecken ergriff ihn und die anderen, die dabei waren, weil sie einen so gewaltigen Fang gemacht hatten. So ging es auch Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus. Sie arbeiteten eng mit Simon zusammen. Da sagte Jesus zu Simon: "Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du ein Menschenfischer sein!"
Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten Jesus.

(Lukasevangelium 5,1-11 -- www.basisbibel.de)

Ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden habt uns beeindruckt, wie ihr in eurem Gottesdienst drei Wochen vor Ostern diese Geschichte nacherzählt und nachempfunden habt.
Deshalb haben wir sie für diesen Gottesdienst heute ausgesucht. Und weil wir in ihr manches entdecken, was wir euch heute unbedingt noch mit auf den Weg geben wollen.

II.

Wir fangen mit dem Ende an. Mit dem letzten Satz der Geschichte: „Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten Jesus.“
Eigentlich ist dieser letzte Satz ja kein Ende, sondern ein Anfang. Simon Petrus und die anderen Fischer gehen mit Jesus los.
Wir sehen vielleicht, wie sie vom Ufer einen kleinen Hügel hinaufsteigen, sich von dort noch einmal nach ihren Booten umschauen und ein Blick über den See Gennesaret werfen. Dann sind sie verschwunden.
Wir bleiben zurück am Ufer, stehen vor ihren Booten und all den Fischen, die sie gefangen haben und um die sich jetzt andere Fischer kümmern.
Vielleicht sehen wir auch die Familien der Fischer, die mit uns am Ufer stehen und gar nicht wissen, wie ihnen geschieht. Der Sohn geht einfach, vielleicht auch der Ehemann, der Vater. Wie kann der das machen, einfach so?

Ihr habt euch das auch gefragt: Wie können die Fischer einfach mit Jesus mitgehen, wenn sie dafür ihre Familien zurücklassen müssen?
Und: Wie mag sich das anfühlen, wenn einer die Familie verlässt und eigene Wege geht? Ihr werdet das erfahren, früher oder später.
Für manche von euch dauert es noch ein Jahr, für andere noch drei Jahre – dann ist die Schule zu Ende und ihr müsst euren Weg gehen.
Dieser Weg wird für einige mit dem Abschied von der Familie verbunden sein – dann, wenn ihr zur Ausbildung, zum Studium aufs Festland müsst.
Wie wird es sich dann anfühlen, wenn ihr auf die Fähre steigt und von der Insel wegfahrt?

III.

Die Geschichte erzählt nichts davon, wie sich Simon Petrus und die anderen Fischer fühlen, als sie aufbrechen. Aber sie erzählt, was in ihnen vorgeht, als sie immer mehr Fische an Land ziehen.
Es heißt: „Schrecken ergriff sie, weil sie so einen gewaltigen Fang gemacht hatten.“ Und Simon Petrus wehrt sich sogar fast ein wenig gegen den übergroßen Fang: „Ich bin diesen Fang nicht wert“, sagt er.
Das, was Simon Petrus und die anderen Fischer erleben, trifft sie im Inneren. Sie fangen viele, viele Fische. Und sie wissen zugleich: Das, was sie erleben, wird sie verändern. Ihr Leben wird danach anders sein. Und darüber erschrecken sie.

So werdet ihr vielleicht auch erschrecken, wenn ihr aufbrecht auf euren Weg ins Leben. Weil ihr spürt und merkt: Jetzt verändert sich alles oder zumindest fast alles in meinem Leben. Jetzt bin ich verantwortlich, ganz allein verantwortlich.
Dann geht es euch vielleicht wie bei unserem Aufstieg auf den Kirchturm zu Beginn und am Ende der Konferzeit: Es macht Angst – aber eine Angst, die auch fast angenehm im Bauch kitzelt.
Manche von euch werden dann womöglich ganz cool tun und ihre Angst lautstark zudecken. Und andere werden sich still und leise fragen: „Kann ich das überhaupt?“

IV.

Die Geschichte erzählt, dass Jesus zu Simon Petrus sagt: „Hab keine Angst!“ Wir können uns vorstellen, wie Jesus die Hand ausstreckt und Simon Petrus aufhilft, der vor ihm kniet.
Schließlich hat sich Jesus den Simon Petrus und die anderen Fischer selber ausgesucht. Er sah, wie sie ihre Netze reinigten und ist einfach zu ihnen in ihr Boot gestiegen.
Jesus mutet es Simon Petrus und den anderen Fischern einfach zu, dass sich ihr Leben von nun auf gleich ändert. Aber er traut es ihnen auch zu, dass sie das können. Dass sie einfach so aufbrechen können in ein anderes Leben.

So einfach geht das mit Jesus und den Fischern. Die brauchen nicht zur Schule und nicht zum Konfer. Die müssen Jesus nicht erst beweisen, dass sie etwas gelernt haben und etwas können.
So einfach steigt Gott auch zu euch ins Boot. Gott traut euch das einfach zu, dass ihr in euer Leben aufbrechen könnt. Der vertraut auf das, was in euch steckt – auch dann, wenn ihr selber erst entdecken müsst, dass es das tut und was es ist.
Dazu machen wir Konfer: Um euch zu helfen, das Vertrauen zu entdecken, das Gott in euch legt. Und um euch zu helfen, Gott zu vertrauen, damit ihr mutig in euer Leben aufbrecht.
Denn das heißt Glauben: Für mein Leben auf Gott vertrauen – weil er Vertrauen in mich setzt.

V.

Die Geschichte erzählt, dass Simon Petrus und die anderen Fischer so glauben und vertrauen. Was Wunder – sie erleben ja auch ein Wunder.
Mit leeren Netzen kommen sie vom nächtlichen Fang zurück. Vielleicht sind sie noch nicht einmal besonders enttäuscht, weil das schon mal vorkommt, dass sie nichts fangen.
Da sagt ihnen dieser Jesus, dass sie wieder hinausfahren sollen und noch einmal die Netze auswerfen. Gegen alle Berufserfahrung tun sie das.
Da füllen sich die Netze. Was kann das anderes als ein Wunder sein? Was kann das anderes sein als ein Beweis dafür, dass Gott auf Jesu Seite ist?

Vielleicht könnt ihr so ein Wunder ja erzwingen, indem ihr beharrlich und ausdauernd seid. Wie beim Fischen oder beim Fahrradfahren-Lernen: Ich muss es immer wieder versuchen – irgendwann klappt es.
Aber ist das dann ein Wunder? Es ist doch eher ein Sieg meiner Ausdauer und meines Willens. Es ist meine Leistung – die ist womöglich wundervoll, aber sie ist kein Wunder.
Ein Wunder, das ist, wenn ihr in eurem Leben Gott an eurer Seite spürt. Wenn ihr etwas erlebt, bei dem ihr merkt: Jemand trägt mich und verleiht mir Flügel. Ich finde eine Kraft und einen Halt, die größer und fester sind als ich selbst. Selbst in der größten Verzweiflung und tiefsten Trauer.
Menschen erleben diese Wunder. Fragt eure Eltern oder besser noch eure Großeltern: Sie werden euch hoffentlich von den Wundern in ihrem Leben erzählen. Vielleicht wisst ihr aber auch eines auch eurem Leben zu erzählen.

VI.

Die Geschichte erzählt übrigens nichts davon, dass Simon Petrus und die anderen Fischer ein Wunder erwarten. Sie werfen einfach nur ihre Netze aus: „Weil du es sagst, will ich die Netze auswerfen“, sagt Simon Petrus.
Das Wunder kommt so zu Simon Petrus und den anderen Fischern. Sie wagen, etwas Verrücktes zu tun. Sie lassen es einfach darauf ankommen.
Sie machen ein Experiment: Was geschieht, wenn wir diesem Jesus vertrauen? Sie werfen ihre Netze aus – und machen den Fang ihres Lebens.

Das ist es, was wir euch mitgeben wollen. Heute an diesem besonderen Tag, der hoffentlich für euch lange nachwirkt: Versucht es mit dem Experiment.
Was geschieht, wenn ihr euch Gott anvertraut? Wenn ihr für euren Weg durchs Leben auf Gott vertraut. Darauf, dass er euch die Netze füllt. Dass er euch mitnimmt – ins Leben. Probiert es aus.
Euer Leben müsst ihr selber leben. Und euren Glauben auch. Tut es – und ihr werdet euer Wunder erleben.

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