Was, wenn ich einfach "Ja" sage?
„Kannst du nicht aufpassen!“, ruft Paula. „Du bist schuld!“ Böse funkelt sie Paul an.
Die Teekanne ist zerbrochen. Ihre Lieblingskanne. Vor 27 Jahren hat sie die geschenkt bekommen. Handfest und zugleich verspielt ist sie getöpfert, in einem dunklen Grünton glasiert.
Noch oft hat sie danach Geschirr von diesem Töpfer gekauft. Teller, Tassen, Becher. Alle in derselben Art.
Die Teekanne war und blieb das erste und das liebste Stück. Jetzt ist sie zerbrochen. Ein paar große und viele kleine Scherben liegen auf dem Küchenboden. Da ist nichts mehr zu reparieren.
„Du bist schuld!“ Was, wenn Paul jetzt einfach „Ja“ sagt?
Aber die Kanne hatte am Boden schon lange einen Sprung. Das weiß Paula doch genau. Und außerdem hat sie nicht richtig hingeschaut, als sie Paul die Kanne hinhielt und einfach losließ.
Und Paul erinnert sich noch ganz genau, wie Paula letztens in der Spüle das Weinglas zerbrochen ist, das er sich damals in dieser kleinen Glasbrennerei...
„Du bist schuld!“ Was hält Paul ab, einfach „Ja“ zu sagen?
Vielleicht hat er Angst vor den Folgen. Die Kanne ist nicht mehr zu reparieren. Er kann sie Paula ersetzen, klar. Aber ist die Freundschaft noch zu kleben?
Paul ist jetzt der, der die Lieblingskanne kaputt gemacht hat. Der schuld ist an den Scherben der Freundschaft.
Wäre das Leben ein Film, würde er ihn zurück spulen. Und wenn der Film dann wieder vorwärts liefe, würde er die Kanne festhalten und sicher auf den Tisch stellen.
Das Leben ist kein Film. Es läuft immerzu vorwärts. Und ist manchmal zum Davonlaufen. Vor dem, was geschehen ist. Vor dem, was einer getan habe. Vor meiner Schuld.
Ich sage lieber „Nein“. Ich bin nicht schuld. Nicht an einer zerbrochenen Kanne. Nicht an dem, was sonst zerbricht zwischen anderen und mir und wofür diese anderen mir die Schuld in die Schuhe schieben wollen.
Die Schuld weise ich von mir und auch alle Anschuldigungen. Ich lade sie ab, bei den widrigen Umständen, die sich nicht wehren können. Oder bei den anderen, die sich dagegen verwahren, was nur zeigt, dass sie ein schlechtes Gewissen haben und also schuld sind.
„Du hast keine Entschuldigung, du Mensch, der sich zum Richter aufspielt. Wenn du jemand anderen verurteilst, sprichst du damit selbst das Urteil über dich. Denn du verurteilst zwar andere, handelst aber genauso wie sie.“ (Römer 2,1 -- www.basisbibel.de)
Richten kann ich gut. Ich weiß, was gut ist und schlecht. Ich sehe, wo etwas geradeaus läuft und wo etwas schief geht.
Ich bin auch schnell und sicher mit meinem Urteil über die Menschen und über das, was sie tun oder lassen.
Wer richtet, gehört zu den Guten. Schließlich steht er auf der Seite des Gesetzes, auf der, die Recht hat.
Und wer richtet, der richtet immer die anderen. Solange ich andere richte, haben die den Schwarzen Peter.
Ich werfe Nebelkerzen. Hinter der Schuld der anderen, die ich zweifelsfrei feststelle, soll meine eigene Schuld verschwinden. Ich richte die Schuld der anderen, um von meiner eigenen Schuld abzulenken.
„Du Mensch, du tust doch genau dasselbe wie die anderen, die du verurteilst. Rechnest du wirklich damit, dem Urteil Gottes entgehen zu können?“ (Römer 2,3 -- www.basisbibel.de)
Ich bin erfinderisch mit meinen Täuschungsmanövern, wenn es um meine Schuld geht. Aber wen will ich damit eigentlich täuschen? Oder besser: Wen kann ich damit täuschen?
Der einzige, der meinen Ausflüchten folgt, bin doch ich selber. Alle anderen sehen auf das, was ich getan oder gelassen habe, und sprechen ihr Urteil – so wie ich es bei ihnen tue.
Und ich selber weiß genau, dass meine Ausflüchte Ausflüchte sind. Ich habe sie ja selber erfunden. Ich ziehe sie nach links und rechts und nach oben und unten – irgendwo schaut immer meine Schuld hervor.
Ich werde ihm nicht entgehen, dem Urteil, das andere über mich sprechen. Und nicht dem Urteil, das Gott spricht.
Es wird ein Urteil sein auch über die Schuld, die ich versuche zu verbergen oder wenigstens kleiner zu reden. Damit das Urteil freundlich ausfällt. Freundlicher jedenfalls, als ich es über mich selber sprechen würde.
Deshalb suche ich doch nach den ganzen Ausflüchten. Weil ich mich vor dem Urteil fürchte.
Weil ich fürchte, dass sich über mir der Daumen senkt.
„Oder missachtest du Gottes große Güte, Nachsicht und Geduld? Erkennst du denn nicht, dass Gottes Güte dich dazu bewegen will, dein Leben zu ändern?“ (Römer 2,4 -- www.basisbibel.de)
Da will ich also weglaufen vor der Schuld und dem Urteil, das Gott über sie und mich fällt. Und müsste nur einmal stehen bleiben. Ein einziges Mal im Jahr stehen bleiben.
Dann könnte ich sie anschauen, die Schuld, die mir schneller nachläuft, als ich vor ihr fliehen kann. Und könnte sagen: Ja, das habe ich getan. Da habe ich Schuld. Weil ich dem anderen weh getan oder ihm nicht geholfen habe.
Und siehe da: Die Schuld verwandelt sich. Je mehr ich ihr auszuweichen versuche, desto größer wird sie. Aber wenn ich ihr ins Angesicht und mir ins Herz schaue, verliert sie ihren Schrecken.
Denn Gott, an dem ich schuldig geworden bin, verändert sich. Er ist der, den ich bitten muss, die Schuld fortzuräumen, die zwischen uns steht.
Ich bitte ihn also, weil mir viel liegt an ihm und mir und uns. Ich liefere mich ihm aus und traue ihm zu, dass er das kann und das auch tut: Schuld vergeben und neu anfangen mit mir.
Endlich nehme ich Gott ernst. Er erwartet nicht, dass ich unfehlbar bin. Er geht davon aus, dass ich schuldig werde. Das Trachten des Menschen ist böse von Jugend an.
Aber dass ich ihn ernst nehme, das erwartet er.
Dass ich ihm das zutraue: Seine Güte, seine Nachsicht, seine Geduld sind weiter als ich mir meine Schuld ausmalen kann.
Nicht mehr, aber auch nicht weniger muss ich dazu tun, als „Ja“ zu sagen. „Ja, ich habe Schuld. Ja, du kannst sie mir vergeben.“
Paul sagt auch Ja über den Scherben, in die er Paulas Lieblingsteekanne zerschmissen hat. „Ja, ich habe Schuld.“
Mit zusammengepressten Lippen drückt Paula ihm Handfeger und Schaufel in die Hand. Paul beginnt die Scherben zusammenzufegen.
„Es tut mir leid“, sagt er. „Sie war wirklich schön, die Kanne.“
Paula schweigt. Paul schaut sie an. „Wenn wir einen Ausflug machen? Zu der Töpferei und dort...“
Paula nickt. „Das können wir machen. Die Kanne hatte ohnehin einen Sprung.“
Die Teekanne ist zerbrochen. Ihre Lieblingskanne. Vor 27 Jahren hat sie die geschenkt bekommen. Handfest und zugleich verspielt ist sie getöpfert, in einem dunklen Grünton glasiert.
Noch oft hat sie danach Geschirr von diesem Töpfer gekauft. Teller, Tassen, Becher. Alle in derselben Art.
Die Teekanne war und blieb das erste und das liebste Stück. Jetzt ist sie zerbrochen. Ein paar große und viele kleine Scherben liegen auf dem Küchenboden. Da ist nichts mehr zu reparieren.
„Du bist schuld!“ Was, wenn Paul jetzt einfach „Ja“ sagt?
Aber die Kanne hatte am Boden schon lange einen Sprung. Das weiß Paula doch genau. Und außerdem hat sie nicht richtig hingeschaut, als sie Paul die Kanne hinhielt und einfach losließ.
Und Paul erinnert sich noch ganz genau, wie Paula letztens in der Spüle das Weinglas zerbrochen ist, das er sich damals in dieser kleinen Glasbrennerei...
„Du bist schuld!“ Was hält Paul ab, einfach „Ja“ zu sagen?
Vielleicht hat er Angst vor den Folgen. Die Kanne ist nicht mehr zu reparieren. Er kann sie Paula ersetzen, klar. Aber ist die Freundschaft noch zu kleben?
Paul ist jetzt der, der die Lieblingskanne kaputt gemacht hat. Der schuld ist an den Scherben der Freundschaft.
Wäre das Leben ein Film, würde er ihn zurück spulen. Und wenn der Film dann wieder vorwärts liefe, würde er die Kanne festhalten und sicher auf den Tisch stellen.
Das Leben ist kein Film. Es läuft immerzu vorwärts. Und ist manchmal zum Davonlaufen. Vor dem, was geschehen ist. Vor dem, was einer getan habe. Vor meiner Schuld.
Ich sage lieber „Nein“. Ich bin nicht schuld. Nicht an einer zerbrochenen Kanne. Nicht an dem, was sonst zerbricht zwischen anderen und mir und wofür diese anderen mir die Schuld in die Schuhe schieben wollen.
Die Schuld weise ich von mir und auch alle Anschuldigungen. Ich lade sie ab, bei den widrigen Umständen, die sich nicht wehren können. Oder bei den anderen, die sich dagegen verwahren, was nur zeigt, dass sie ein schlechtes Gewissen haben und also schuld sind.
„Du hast keine Entschuldigung, du Mensch, der sich zum Richter aufspielt. Wenn du jemand anderen verurteilst, sprichst du damit selbst das Urteil über dich. Denn du verurteilst zwar andere, handelst aber genauso wie sie.“ (Römer 2,1 -- www.basisbibel.de)
Richten kann ich gut. Ich weiß, was gut ist und schlecht. Ich sehe, wo etwas geradeaus läuft und wo etwas schief geht.
Ich bin auch schnell und sicher mit meinem Urteil über die Menschen und über das, was sie tun oder lassen.
Wer richtet, gehört zu den Guten. Schließlich steht er auf der Seite des Gesetzes, auf der, die Recht hat.
Und wer richtet, der richtet immer die anderen. Solange ich andere richte, haben die den Schwarzen Peter.
Ich werfe Nebelkerzen. Hinter der Schuld der anderen, die ich zweifelsfrei feststelle, soll meine eigene Schuld verschwinden. Ich richte die Schuld der anderen, um von meiner eigenen Schuld abzulenken.
„Du Mensch, du tust doch genau dasselbe wie die anderen, die du verurteilst. Rechnest du wirklich damit, dem Urteil Gottes entgehen zu können?“ (Römer 2,3 -- www.basisbibel.de)
Ich bin erfinderisch mit meinen Täuschungsmanövern, wenn es um meine Schuld geht. Aber wen will ich damit eigentlich täuschen? Oder besser: Wen kann ich damit täuschen?
Der einzige, der meinen Ausflüchten folgt, bin doch ich selber. Alle anderen sehen auf das, was ich getan oder gelassen habe, und sprechen ihr Urteil – so wie ich es bei ihnen tue.
Und ich selber weiß genau, dass meine Ausflüchte Ausflüchte sind. Ich habe sie ja selber erfunden. Ich ziehe sie nach links und rechts und nach oben und unten – irgendwo schaut immer meine Schuld hervor.
Ich werde ihm nicht entgehen, dem Urteil, das andere über mich sprechen. Und nicht dem Urteil, das Gott spricht.
Es wird ein Urteil sein auch über die Schuld, die ich versuche zu verbergen oder wenigstens kleiner zu reden. Damit das Urteil freundlich ausfällt. Freundlicher jedenfalls, als ich es über mich selber sprechen würde.
Deshalb suche ich doch nach den ganzen Ausflüchten. Weil ich mich vor dem Urteil fürchte.
Weil ich fürchte, dass sich über mir der Daumen senkt.
„Oder missachtest du Gottes große Güte, Nachsicht und Geduld? Erkennst du denn nicht, dass Gottes Güte dich dazu bewegen will, dein Leben zu ändern?“ (Römer 2,4 -- www.basisbibel.de)
Da will ich also weglaufen vor der Schuld und dem Urteil, das Gott über sie und mich fällt. Und müsste nur einmal stehen bleiben. Ein einziges Mal im Jahr stehen bleiben.
Dann könnte ich sie anschauen, die Schuld, die mir schneller nachläuft, als ich vor ihr fliehen kann. Und könnte sagen: Ja, das habe ich getan. Da habe ich Schuld. Weil ich dem anderen weh getan oder ihm nicht geholfen habe.
Und siehe da: Die Schuld verwandelt sich. Je mehr ich ihr auszuweichen versuche, desto größer wird sie. Aber wenn ich ihr ins Angesicht und mir ins Herz schaue, verliert sie ihren Schrecken.
Denn Gott, an dem ich schuldig geworden bin, verändert sich. Er ist der, den ich bitten muss, die Schuld fortzuräumen, die zwischen uns steht.
Ich bitte ihn also, weil mir viel liegt an ihm und mir und uns. Ich liefere mich ihm aus und traue ihm zu, dass er das kann und das auch tut: Schuld vergeben und neu anfangen mit mir.
Endlich nehme ich Gott ernst. Er erwartet nicht, dass ich unfehlbar bin. Er geht davon aus, dass ich schuldig werde. Das Trachten des Menschen ist böse von Jugend an.
Aber dass ich ihn ernst nehme, das erwartet er.
Dass ich ihm das zutraue: Seine Güte, seine Nachsicht, seine Geduld sind weiter als ich mir meine Schuld ausmalen kann.
Nicht mehr, aber auch nicht weniger muss ich dazu tun, als „Ja“ zu sagen. „Ja, ich habe Schuld. Ja, du kannst sie mir vergeben.“
Paul sagt auch Ja über den Scherben, in die er Paulas Lieblingsteekanne zerschmissen hat. „Ja, ich habe Schuld.“
Mit zusammengepressten Lippen drückt Paula ihm Handfeger und Schaufel in die Hand. Paul beginnt die Scherben zusammenzufegen.
„Es tut mir leid“, sagt er. „Sie war wirklich schön, die Kanne.“
Paula schweigt. Paul schaut sie an. „Wenn wir einen Ausflug machen? Zu der Töpferei und dort...“
Paula nickt. „Das können wir machen. Die Kanne hatte ohnehin einen Sprung.“
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