Acht Samenkörner

Dies ist eine Schachtel mit Samen. Wir schenken sie euch. Ihr könnt den Samen einsäen. In einen Topf in eurem Zimmer. Oder in den Garten. Dann könnt ihr zusehen, was da Schönes, Buntes wächst.
Natürlich ist diese Samenschachtel mehr als eine Samenschachtel. Sie ist ein Bild für eure Zeit als Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sie ist ein Bild für die Konfirmation heute. Und sie ist ein Bild für den Glauben, für das Reich Gottes in uns.

Der Reihe nach: Diese Samenschachtel ist ein Bild für die Konfirmandenzeit. Zwei Schuljahre fast hat sie gedauert. Eine lange Zeit, in der ihr euch regelmäßig getroffen habt. In der wir uns regelmäßig gesehen haben. Doris und ich haben bei all diesen Treffen versucht, gemeinsam mit euch den Boden für den Samen in dieser Samentüte vorzubereiten.
Wir haben immer und immer wieder den Psalm 23 miteinander gebetet. Ihr könnt ihn auswendig, zumindest, wenn ihr ihn gemeinsam als Gruppe betet – hat Doris mir erzählt.
Wir haben gemeinsam das Vaterunser gesungen. Mir geht es so: Oft, wenn ich dieses Gebet spreche, summt die Melodie in mir – vielleicht geht es euch ja ähnlich.
Wir haben mit euch an einem Nachmittag gebetet und gebetet und gebetet. Ganz viele verschiedene Varianten des Betens haben wir ausprobiert. Damit ihr eine findet, die zu euch passt.
Wir haben versucht, eure Sinne zu schärfen: Damit ihr zwischen all den Basketballspielern den Gorilla seht. Damit ihr in dieser Welt die Spuren Gottes entdeckt.
Wir haben mit euch Erinnerungsstücke geknetet und dann Abendmahl gefeiert. Damit ihr entdeckt: Das Abendmahl ist ein Erinnerungsstück. Es erinnert uns an Jesus. Daran, wie er den Menschen die Liebe Gottes zeigte. Und wenn wir in seinem Namen feiern, tritt er manchmal mitten unter uns.
So haben Doris und ich versucht, mit euch den Boden für diesen Samen zu bereiten. Dafür ist die Samenschachtel ein Bild.

Und sie ist auch ein Bild für die Konfirmation heute. Heute ist Sätag. Der Tag, an dem ihr wie der Bauer aufs Feld geht und den Samen aussät. Für das, was ihr da aussät, stehen eure Konfirmationssprüche. Sie sprechen von euren Hoffnungen und Wünschen für das, was in eurem Leben wachsen soll. Ich versuche mir vorzustellen, was da wachsen wird:

Der erste Samen: „Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ - Psalm 91,11
Was das vielleicht wächst, liebe Sophie, ist Zuversicht: Bei den Wegen, die ich gehe, weiß ich manchmal nicht, wo sie hinführen. Hin und wieder komme ich an eine Wegkreuzung, wo ich mich ohne google maps entscheiden muss. Aber wenn ich darauf setze, dass Engel mich auf meinem Weg behüten – dann gehe ich ihn ganz zuversichtlich. Auch wenn ich nicht weiß, wohin und ob ich hier richtig bin.

Der zweite Samen: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird auch aufgetan.“ - Mt 7,7
Was da womöglich wächst, lieber Ole, ist Hartnäckigkeit. Ich kann mich ja hinsetzen und warten. Vielleicht passiert ja was. Das Glück kommt vorbeigelaufen. Die Zukunft kommt mir entgegen. Gott legt mir schon beides in die Hand. Ich kann aber auch aufstehen und schon mal losgehen. Bei der Zukunft anklopfen. Mein Glück suchen. Gott um seinen Segen bitten. Und siehe da: Gott wandelt in Segen, was ich mitbringe.

Der dritte Samen: „Es spricht Christus, der dies bezeugt: Ja, ich komme bald. – Amen, ja, komm, Herr Jesus!“ - Offb 22,20
Was da vielleicht wächst, lieber Flori, ist Offenheit. Es ist ja nicht so klar, ob er wirklich da ist: Gott. Und ob er wirklich eine Rolle spielen kann in meinem Leben. Aber Glaube heißt, dass ich es einfach darauf ankommen lasse. Dass ich einfach mal sage: „Das hier ist kein Gebet. Ich will nur Danke sagen. Dafür, dass du mir das Leben zeigst. Danke, dass du an mich glaubst.“ Und dann tut sich eine Tür auf in meinem Leben und Gott tritt ein. Einfach so.

Der vierte Samen: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an.“ - 1 Sam 16,7
Was da vielleicht wächst, liebe Tessa, ist Echtheit. Ich lebe ja manchmal in einer Scheinwelt: Menschen benoten mich nach dem äußeren Schein. Da begegne ich dem einen, der alles an mir sieht. Das, was ich vor anderen und am liebsten auch vor mir verstecken würde. Aber ich merke: Gott schaut mich freundlich an. So wie ich nun einmal bin. Er mag auch nicht, was ich an mir nicht mag. Aber er mag mich. Allein das zählt.

Der fünfte Samen: „Ein fröhliches Herz ist des Menschen Leben, und seine Freude verlängert sein Leben.“ - Sir 30,22-23
Was da vielleicht wächst, liebe Steffi, ist Lebensfreude. Das gibt so Tage, da habe ich sie einfach nicht. Das merke ich schon beim Aufstehen. Da hilft es auch nicht, wenn ich mich zusammenreiße. Das, was mich nach unten zieht, ist stärker. Und dann so einen Ballon zu haben, der mich hochzieht, damit ich aufstehe und aufsteige, das wäre was. Glaube kann davon ein Lied singen: In dir, Gott, ist Freude in allem Leide.

Der sechste Samen: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst.“ - Ps 8,5
Was da vielleicht wächst, liebe Christin, ist Staunen. Mich überfällt das manchmal mitten am Tag. Dass ich mich frage: Ob etwas von mir bleibt, wenn ich nicht mehr da bin. Von all dem, was ich so tue und mache. Und ein anderes Mal fange ich mitten am Tag zu staunen an. Darüber, dass ich da bin und lebe. Also: Vor mich hindenke und mit anderen rede. Es muss mich doch einer gewollt haben. Gott hat mich gewollt.

Der siebte Samen: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ - 1 Kor 13,13
Was da vielleicht wächst, liebe Cathérine, ist ein RHÜM HAART. Friesisch ist das und bedeutet „weites Herz“. Ein enges Herz hätte ich, wenn nichts einen Sinn hätte, ich allen Menschen nur das Schlechte zutraute und ihnen neidete, was ich für ihr Glück hielte. Aber wenn ich Gott ein wenig Platz mache in meinem engen Herz. Dann zieht mit ihm womöglich ein, dass ich mich mit anderen über ihr Glück freue. Dass ich ihnen vertraue. Dass jeder Tag ein Geschenk ist. Und siehe da: Mein Herz wird weit.

Noch ein Samen: „Der Herr ist bei mir wie ein starker Held.“ - Jer 20,11
Mein Konfirmationsspruch. Der Samen, den ich gesät habe vor 29 Jahren. Dass Gott zu mir steht. Dass er mir hilft. Dass er mich verteidigt. Dass er mir Mut macht. Dass er eben bei mir ist wie ein starker Held. Auf dem Weg zum Abitur und zum Erwachsenwerden. Als ich ausgezogen bin. 800 Kilometer von zu Hause weg. Ich hoffe das immer noch. Jetzt, nach dem Umzug nach Föhr und dem Neuanfang dort.
Und ich habe – Gott sei Dank – auch erfahren: Dieser Samen ist aufgegangen und gewachsen. Aus dem Samen ist eine Pflanze geworden, die blüht und Früchte trägt.

Diese Samenschachtel ist auch dafür ein Bild. Sie ist ein Bild für den Glauben, für das Reich Gottes in uns, die einfach so wachsen.

Jesus sagte: "Mit dem Reich Gottes ist es wie bei einem Bauern: Er streut die Körner auf das Land, dann legt er sich schlafen und steht wieder auf – tagaus, tagein. Und die Saat geht auf
und wächst – der Bauer weiß nicht wie. Ganz von selbst bringt die Erde die Frucht hervor. Zuerst den Halm, dann die Ähre, zuletzt den reifen Weizen in der Ähre. Wenn die Frucht reif ist, schickt er sofort die Erntearbeiter los, denn die Erntezeit ist da."

(Markusev. 4,26-29 nach www.basisbibel.de)

Ich fühle mich wie dieser Bauer. In all den Jahren habe ich den Glauben in mir nicht selber gemacht. Er war da. Manchmal ganz stark. Manchmal auch zugedeckt. Aber er war da. Tief eingepflanzt. Und er ist gewachsen. Mit jeder Erfahrung, die ich in meinem Leben gemacht habe. In der ich Gott ganz nah gespürt habe. Oder in der ich nach ihm gesucht habe.
„Die Saat geht auf und wächst – und der Bauer weiß nicht wie.“ Als würde einem Gott immer näher kommen, mit jedem Schritt, den einer durch sein Leben geht. Als würde der Glauben in einem wachsen, mit jeder Frage, die er ans Leben stellt und mit jeder Antwort, die er findet.
Heute ist eure Konfirmation. Ihr sät den Samen. Und dann wächst etwas in eurem Leben, damit es schön wird und bunt. Und lecker und würzig. Und Gott wächst in eurem Leben, damit ihr ihn entdeckt und spürt. Dass ihr darauf vertrauen könnt und dass ihr das erfahrt – das wünsche ich euch und darum bitte ich Gott.

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