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Es werden Posts vom Juni, 2018 angezeigt.

Segen ist wie ...

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Segen ist wie ein Ton, der klingt. Segen ist auch wie ein Zelt, das birgt. Bei einer Klangschale ist das ja so. Ich schlage sie an mit einem Klöppel. Und dann gibt sie einen Ton. Den höre ich. Und wenn ich ganz aufmerksam bin, kann ich ihn auch spüren. Ich spüre das Schwingen der Klangschale. Ich spüre das Schwingen des Tones. Am Anfang ganz deutlich. Dann immer leiser und zarter. Bei einem Zelt ist das ja so: Ich trage es auf einer Wanderung mit mir herum. Dort, wo ich einen guten Platz dafür finde, schlage ich es auf. Ich krieche hinein und bin doch noch draußen. Ich merke den Wind an den Zeltwänden. Ich höre den Regen auf dem Zeltdach. Aber ich bin im Schutz des Zeltes. Abraham kann Gott nicht begreifen. Ganz wortwörtlich: Gott ist kein Gott, den er einfach anfassen kann. Und auch im übertragenen Sinn: Gott ist kein Gott, der sich durch Nachdenken erschließt. Und doch ist der Gott da. Eine Stimme, die spricht. Eine innere Stimme, die ganz klar und deutlich ist. Ein T

Johannes steht da und predigt

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Johannes der Täufer predigt. Er predigt, ohne etwas zu sagen. Er predigt einfach nur, indem er da steht. Überlebensgroß. Seit mehr als 500 Jahren. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts kommt die große Figur von Johannes in die Kirche, die seinen Namen trägt. Seitdem steht sie dort neben dem Altar. Und predigt. Johannes schaut. Durch das Fenster, neben dem er steht, sieht er in die Ferne. Er sieht nicht auf die, die schon hier sind. Er guckt nach denen, die noch nicht da sind. Einst die Menschen, die noch nicht getauft waren. Die an den Göttern festhielten, an die sich ihre Eltern und Großeltern hielten. Die dann aber abgelöst werden sollten durch einen Gott, dem der König vertraute und von dem die Mönche erzählten, die auf die Insel kamen. Heute sieht er denen entgegen, die über den Kirchhof gehen. Er schaut auf die, die draußen stehen bleiben und die Kamera nehmen und sich ein Bild machen. Damit sie sich später erinnern können: So sah mein Glaube einmal aus. Er sieht denen nach, di

Das Interview

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In Sotschi trifft heute die deutsche Nationalmannschaft beim zweiten Gruppenspiel auf das schwedische Team. Unsere Reporterin Claudia Altmann ist auf der Strandpromenade der Stadt am schwarzen Meer unterwegs, um etwas von der Stimmung einzufangen. Und sie hat auch schon einen interessanten Gesprächspartner gefunden. Claudia, wie sieht es aus in Sotschi? Ein herzliches Willkommen aus Sotschi. Gut sieht es hier aus. Die Sonne scheint. Es weht ein laues Lüftchen vom Meer herüber. Die Leute sitzen in den Strandcafés. Neben mir steht Johannes Täufer. Friede sei mit dir. Und auch mit euch. Gleichfalls. Johannes – ich darf doch Johannes sagen? – Johannes, viele werden sicher überrascht sein, sie hier zu sehen. Wir wussten gar nicht, dass sie Fußball-Fan sind. Ich sag' mal: Das wusste ich bis vor kurzem auch nicht. Und ich bin selber ein wenig von meiner Begeisterung überrascht. Sie kam unverhofft über mich. Wo kommt sie denn her, diese Begeisterung? Vorsichtig form

Wie du selber umarmt werden willst

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Rembrandt van Rijn, Die Heimkehr des verlorenen Sohnes, 1642 (Haarlem, Tylers Museum) Das ist die Botschaft, die wir von Jesus Christus gehört haben und die wir euch verkünden: Gott ist Licht, in ihm gibt es keine Spur von Dunkelheit. (1 Johannes-Brief 1,5) Einer, der sich Johannes nennt, schreibt das an seine Gemeinde. Gott ist Licht. Gott ist eine Gestalt aus Licht. Jesus erzählt von ihm, als er von dem Vater erzählt, der aus seinem Haus stürzt und dem Sohn entgegen läuft. Ich versuche mir Gott so vorzustellen. Wie einen, den die Freude ganz und gar ausfüllt. Das Herz macht einen Sprung, als er den sieht, den er so lange vermisst hat. Fast setzt das Herz aus. Ein freudiger Schreck. Was auch immer er gerade in der Hand hat – er lässt es fallen. Er rennt zur Tür. Er reißt sie auf. Er läuft los. Es sieht ein wenig merkwürdig aus. Da rennt einer, der das nicht mehr gewohnt ist. Einer, der bald ein alter Mann ist, läuft wie ein Kind. Leichte Schritte, fast ein Hüpfen.

Nach dem Fest ist vor dem Fest! - Ein Dialog

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Weißt du noch das Fest? Fest? Welches Fest? Na, das Fest. Wo wir erst nicht.. . Ach, das Fest. Oh ja. Das weiß ich noch. Das war ein richtig tolles Fest. Ja. Das war es wirklich. Der riesige Saal, die langen Tafeln. Überall Kerzen. Blumen. Wie weich sich das frische Brot anfasste. Noch warm. Dazu der Schafskäse und die Oliven. Und der Schluck Wein. So leicht. Nichts Außergewöhnliches eigentlich. Aber lecker. So lecker. Und du wolltest erst gar nicht hingehen. Naja. Ich war ja gerade im Garten zugange. Ja, die Erdbeeren. Da haben wir dann eine Schale von mitgenommen zu dem Fest. Die sind jetzt wieder reif, übrigens. Ich weiß. Dir war das peinlich, die Erdbeeren mitzunehmen. Ja, aber ich habe dich ja machen lassen. Das gehört sich doch so, wenn man überraschend eingeladen wird. Und dann noch von Leuten, die man nicht kennt. Ich verstehe immer noch nicht, dass wir da überhaupt hingegangen sind. Der hat ja aber auch nicht locker gelassen, der

Ins Gesicht sagen

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„Wirksame politische Einflussnahme“ – das war in den letzten DDR-Jahren erklärtes Ziel der Staats- und Parteioberen gegenüber den Kirchen. Zu diesem Zweck luden sie in planvoller Regelmäßigkeit die Männer aus der Kirchenleitung zum Gespräch. Da saßen sich dann zum Beispiel der Stellvertreter für Inneres des Rates des Bezirkes und der Bischof gegenüber. Der Staatskader begann das Gespräch mit Ausführungen zur allgemeinen politischen Lage unter Hinweis auf die einschlägigen Beschlüsse der Partei und der Verlautbarungen des Genossen Staatsratsvorsitzenden. Danach kam er auf einzelne Probleme zu sprechen. Sie betrafen oft genug die Aktivitäten der Basisgruppen in den Gemeinden. Das waren die Gruppen, die sich mit politischen Themen wie Frieden, Umwelt und Menschenrechte befassten. In den Augen von Staat und Partei fielen sie auf, nämlich als feindlich-negative Kräfte, wie es in der Sprache der Staatssicherheit hieß. Stellten sie doch die Politik von Staat und Partei in Fra