Nach dem Fest ist vor dem Fest! - Ein Dialog
Weißt du noch das Fest?
Fest?
Welches Fest?
Ach,
das Fest. Oh ja. Das weiß ich noch.
Das
war ein richtig tolles Fest.
Ja.
Das war es wirklich.
Der
riesige Saal, die langen Tafeln.
Überall
Kerzen. Blumen.
Wie
weich sich das frische Brot anfasste. Noch warm.
Dazu
der Schafskäse und die Oliven.
Und
der Schluck Wein. So leicht.
Nichts
Außergewöhnliches eigentlich. Aber lecker. So lecker.
Und
du wolltest erst gar nicht hingehen.
Naja.
Ich war ja gerade im Garten zugange.
Ja,
die Erdbeeren. Da haben wir dann eine Schale von mitgenommen zu dem
Fest.
Die
sind jetzt wieder reif, übrigens.
Ich
weiß.
Dir
war das peinlich, die Erdbeeren mitzunehmen.
Ja,
aber ich habe dich ja machen lassen.
Das
gehört sich doch so, wenn man überraschend eingeladen wird. Und
dann noch von Leuten, die man nicht kennt.
Ich
verstehe immer noch nicht, dass wir da überhaupt hingegangen sind.
Der
hat ja aber auch nicht locker gelassen, der da plötzlich bei uns im
Garten stand.
Der
hat so lang gedrängelt, bis wir gesagt haben, dass wir kommen.
Und
dann kam er nach einer Stunde wieder, um uns abzuholen.
Damit
wir auch wirklich kommen und es uns nicht noch einmal anders
überlegen.
Fast
wie eines unserer Kinder, das uns an die Hand nimmt und uns mit sich
zieht, um uns etwas zu zeigen, auch wenn wir eigentlich gerade
überhaupt nicht wollen.
Wie
gut, dass wir uns haben überreden lassen.
Er
hat uns ja auch ordentlich den Mund wässrig gemacht. Wie er uns
davon vorgeschwärmt hat, was uns alles erwartet.
Ach,
neugierig war ich ja auch schon so. Auf dem Markt hatten sie schon
davon erzählt, dass der Neue auf dem Hof etwas ganz Großes
vorbereitet.
Aber
dass die uns einladen. Ausgerechnet uns. Wo wir doch gar nicht zu
denen gehören. In diese feinen Kreise.
Dachtest
du. Und dann war das ganz anders.
Ja.
Dann waren wir da und saßen an der Tafel. Und das fühlte sich so
an, als gehörten wir schon immer dazu.
Naja.
Am Anfang war das schon ein wenig merkwürdig. Die große Tafel. Die
vielen Menschen.
Denen
schien das wie uns zu gehen. Die staunten, dass sie eingeladen waren.
Und dass sie gekommen waren. Und wo sie da wohl gelandet waren.
Und
dann saßen wir alle am Tisch und keiner traute sich anzufangen oder
auch nur etwas zu sagen.
Aber
wir waren ja auch alle das erste Mal bei so einem Fest.
Das
wurde dann ja anders. Als es endlich losging.
Das
war schon besonders, wie das losging. „Wir wollen das Leben
feiern.“ So hat Er doch gesagt, oder?
„Wir
wollen das Leben miteinander feiern. Das Leben, das Gott jedem von
uns geschenkt hat.“
„Schmeckt
und seht, wie freundlich Gott zu jeder von uns ist.“ Das hat Er
auch gesagt.
Und
das haben wir dann gesehen. Und geschmeckt.
Das
Brot. Der Schafskäse.
Und
die Erdbeeren. Weißt du noch, wie Seine Augen geleuchtet haben, als
du Ihm die Schale gegeben hast?
Aber
Er selber hat nur zwei oder drei davon gegessen. Alle anderen hat Er
weitergereicht.
Damit
hatten wir nicht gerechnet. Dass einer, der so reich ist, so
bescheiden und so großzügig sein kann.
Unser
Vorurteil. Die da oben, wir hier unten.
Ach
ja. So viele Vorurteile saßen da um den Tisch. Ich meine: Lauter
Leute, die übereinander Vorurteile hatten.
Über
die wir Vorurteile hatten. Die Zugezogenen mit den verzogenen Kindern
von der anderen Straßenseite.
Die
Alte, die immer am Zaun steht und darauf wartet, dass einer
vorbeikommt, mit dem sie über andere tratschen kann.
Die
beiden Männer, die Tag für Tag im Park sitzen und sich ihre Welt
mit Korn schön trinken.
Aber
mit jedem Häppchen Brot mit Schafskäse haben sich die Vorurteile
aufgelöst.
Oder
die Menschen haben sich verändert. Die Zaunfrau hat von sich
erzählt, von den einsamen Abenden in ihrem Haus.
Die
Kinder haben sich gegenseitig das Essen aufgetan.
Und
die beiden Männer bekamen auf einmal einen klaren Blick.
So
haben die sich verändert an dem Abend.
Und
wir? Sind wir andere geworden?
Jedenfalls
sind wir seit dem Fest Gesegnete.
Oh
ja. Das sind wir.
Als
Er am Ende des Festes aufstand und die Hände ausbreitete und jede
und jeden einzeln anschaute.
„Gott
segne dich und behüte dich. Gott lasse sein Angesicht leuchten über
dir und sei dir gnädig. Gott hebe sein Angesicht über dich und gebe
dir Frieden.“
Das
war noch besser als das Brot. Oder die Erdbeeren.
Das
war, als würde er ein Netz unter dir aufspannen. Eines, das dich
auffängt, falls du fallen solltest.
Ein
Netz aus Vertrauen. Du kannst dem Leben vertrauen. Du kannst Gott
vertrauen.
Das
läuft sich viel leichter mit so einem Netz unter dir. Du hast keine
Angst mehr, dass dir etwas geschieht.
Denn
du weißt: Falls dir etwas geschieht, fängt dich einer auf. Einer,
der für dich da ist. Wo du auch hingehst.
Also
gehst du einfach los. Nicht übermütig und tollkühn. Aber
zuversichtlich und gechillt.
Ach
ja. Ich erinnere mich. So sind wir von dem Fest nach Hause gegangen.
Zuversichtlich und gechillt.
Schade,
dass Er dann so bald weitergezogen ist. Ich hätte mich so gern noch
einmal von Ihm einladen lassen.
So
so.
Du
weißt, wie ich das meine. Noch einmal so ein Fest, bei dem alles so
gut schmeckt. Das Brot. Die Gemeinschaft.
Und
am Ende das Gefühl: Du bist gesegnet. Gott meint es gut mit dir.
Das
verliert sich so leicht im Alltag. Da kommst du von dem Fest nach
Hause und keiner hat zwischenzeitlich aufgeräumt.
Und
du hattest dir vorgenommen: Jetzt wird alles anders. Und
schwuppdiwupp bist du wieder im selben Trott.
Nur
dass du dich an das Fest erinnerst und dich danach sehnst, dass es
doch immer so wäre.
Oder
wenigstens immer mal wieder. Ein bisschen Alltag. Und dann mal wieder
ein Fest.
Das
ist die Idee.
Was?
Wir
machen ein Fest!
Wir
machen ein Fest?!
Wir
laden die alle zu uns ein. Die von gegenüber. Die Frau vom Zaun. Die
beiden Männer. Und all die anderen.
Und
dann gibt es Brot und Schafskäse. Und Erdbeeren.
Wenn
du sie erntest.
Wenn
ich sie ernte.
Und
wer weiß: Vielleicht kommt Er ja auch vorbei.
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