Ab in den Garten - Ein Pfingstgespräch


Die Pastorin, was meine Frau ist, die sagt in den letzten Tagen ja immer: Ich will nachher noch in den Garten.
Halt! Ich sage: Ich muss noch in den Garten.
Wo ist da der Unterschied?
Es soll ja etwas wachsen in unserem Garten. Dazu müssen die Kartoffeln rein in die Erde. Und das Unkraut raus aus den Erdbeeren. Also muss ich in den Garten. Ob ich will oder nicht.
Egal. Ob du jetzt willst oder musst: Du kommst nicht dazu. Weil immer etwas dazwischen kommt.
Leider. Und das ärgert mich.
Ich weiß. Aber immerhin. Gestern Nachmittag warst du ja endlich im Garten.
Wieder nicht so lange, wie ich eigentlich vorhatte. – Sag' mal, warum erzählst du das jetzt eigentlich?
Weil Jesus sagt: »Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote befolgen. Wer meine Gebote annimmt und sie befolgt, der liebt mich wirklich.«
Ich fürchte, das beantwortet meine Frage noch nicht ganz.
Ich dachte: Mir geht es mit den Geboten wie es dir mit dem Garten geht. Ich will hinein, aber es kommt immer etwas dazwischen.
Ich ahne, was du meinst. Das Gute, das ich will, das tue ich nicht. Aber das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
So ähnlich. Ich merke schon, wenn ich etwas tue, das einen anderen verletzt. Meistens jedenfalls. Aber mir fehlt dann Ich-weiß-nicht-was, es anders zu tun.
Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach. Das eine ist die Theorie, das andere die Praxis.
Umschreibe es, wie du willst. Eigentlich weiß ich, dass das Unkraut aus den Erdbeeren muss und die Kartoffeln in die Erde, damit etwas wächst. Aber ich komme nicht dazu.
Der Vergleich hinkt allerdings. Bei meinem Garten sind es die Umstände, die mich hindern.
Ja und Nein. Nein, weil ich es bei mir und anderen oft beobachte, dass Menschen die Umstände dafür verantwortlich machen, wenn es mit den Geboten und der Liebe nicht so klappt.
Du meinst: Sie zeigen gern auf die anderen, weil die schließlich den Streit angefangen haben.
Genau. Und die anderen sollen dann gefälligst auch mit dem Versöhnen anfangen und die Hand ausstrecken.
So kommen die Kartoffeln natürlich nie in die Erde. Also: die Liebe nie ins Handeln.
Ja. Weil angeblich immer die anderen dagegen sind oder die Umstände dazwischenkommen.
Man müsste also einfach anfangen. Die widrigen Umstände beiseite schieben und in den Garten gehen. Einfach anfangen mit den Geboten und der Liebe. Trotz der widrigen anderen. Oder gerade ihretwegen.
Und wegen Jesus. Der sagt nämlich auch: »Wer mich liebt, wird sich nach meinem Wort richten. Mein Vater wird ihn lieben. Und wir werden zu ihm kommen und immer in ihm gegenwärtig sein.«
Hhm. Klingt nach einem Versprechen.
Meinst du? Für mich hört sich das eher wie eine Warnung an.
Achso?
Ja. Wenn ihr nicht liebt, verfehlt ihr Gott. Wenn ihr euch nicht nach dem richtet, was Jesus sagt, fehlt er euch in eurem Leben.
So ist das ja auch. Wer behauptet: »Ich liebe Gott!«, aber seinen Bruder und seine Schwester hasst, ist ein Lügner. Heißt es.
Liebe zu Gott gibt es nicht ohne die Liebe zu dem anderen, der mir begegnet.
Oder: Die Liebe zu Gott zeigt sich darin, wie ich einer anderen begegne.
Da sind wir wieder bei deinem Garten.
Wieso das jetzt?
Naja: Sonntags davon schwärmen wollen, wie lecker die eigenen Erdbeeren und Karfoffeln sind. Aber alltags nichts dafür tun wollen, damit sie wachsen können.
Ich würde das ja umdrehen: Geh alltags in deinen Garten. Dann kannst du sonntags seinen Spargel und Kartoffeln genießen und zum Nachtisch auch die Erdbeeren loben.
Also: Nicht als Warnung, sondern als Ansporn.
Na klar. Ich will ja nicht wegen des Unkrauts in den Garten. Sondern wegen der Ernte.
Jetzt verstehe ich, wieso du in dem, was Jesus sagt, ein Versprechen entdeckst.
Ja? Ich höre jedenfalls: Jesus verspricht die Ernte. Oder seine Nähe. Wenn du das tust, was er sagt, also: was dem Nächsten gut tut, dann spürst du etwas von Gott.
Oder: Wenn du tust, was Gott will, dann trägst du Gott in dir. Ein schönes Versprechen.
Jetzt brauchen wir nur noch bei jeder Gelegenheit zu wissen, was Gott will und was wir tun müssen.
Jesus sagt: »Dann werde ich den Vater um etwas bitten: Er wird euch an meiner Stelle einen anderen Beistand geben, einen, der für immer bei euch bleibt. Das ist der Geist der Wahrheit. Der Vater wird euch den Beistand schicken, der an meine Stelle tritt: den Heiligen Geist. Der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich selbst euch gesagt habe.«
Noch ein Versprechen. Das Pfingstversprechen.
Oder: Pfingsten ist das Versprechen, dass das Versprechen von Gottes Nähe wahr wird.
Mach's nicht verwirrender, als es ist.
Ist doch ganz einfach.
Es wird ganz einfach. Durch den Heiligen Geist. Der macht es einfach.
Ich stelle ihn mir vor wie eine beharrliche Stimme im Ohr. Eine, die dir leise flüstert, was zu tun ist.
Das, was dran ist. Geh in den Garten. Hol' das Unkraut raus. Pflanz' die Kartoffeln.
Besänftige den Ärger über den anderen. Geh als erste hin und reiche ihr die Hand.
Ich stelle mir den Heiligen Geist vor wie eine feste Hand im Rücken. Eine, die dich anschiebt.
Was du heute kannst besorgen. Spring über deinen eigenen Schatten. Überrasche den anderen.
Sag' nicht: Unter anderen Umständen. Sondern änder' die Umstände.
Um biblisch zu werden: Ich stelle mir den Heiligen Geist vor wie einen guten Wind. Einer, der dich dorthin weht, wo er dich will.
In den Garten. Zu den Erdbeeren und Kartoffeln. Dort wo du gebraucht wirst. Um zu pflegen. Um zu ernten.
Zu den Menschen, die dir begegnen. Um mit ihnen das Leben zu entdecken und die Welt zu gestalten.
Auch biblisch: Ich stelle mir den Heiligen Geist vor wie ein züngelndes Feuer. Eines, das in dir brennt und Funken schlägt.
Das die Freude und die Lust in dir wach hält. Am Garten, den Erdbeeren und Kartoffeln. An den Menschen und was dich mit ihnen verbindet.
Und das überspringt, wenn ihr euch in die Augen schaut und gemeinsam weint und lacht.
Und dann, dann feiern alle zusammen ein Gartenfest. Wie morgen beim Gottesdienst im Pastoratsgarten.
Achja. In dem Garten wäre auch noch einiges...
Na dann: Schluss. Damit du nachher in den Garten kommst.
Nein, nicht heute. Oder? Wie auch immer: Amen.

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