Wir wissen es nicht
„Und er
zog fort, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.“ So heißt es im Hebräerbrief über Abraham. Der Satz hat
sich bei uns eingehakt, weil wir das gerade so ähnlich erleben: Wir
laufen durch die Pandemie und wissen nicht, wo uns das noch hinführt.
Deshalb haben wir uns in dieser Woche
auch über die Social-Media-Redakteure des Landkreises Nordfriesland
gefreut. Am Donenrstag haben sie auf Facebook gepostet: „Lockerungen
ab 18. Mai: Wir wissen nicht mehr als Sie!“
Wir finden: Da gehört Mut dazu, das
einfach so zu sagen: Wir wissen es nicht. Obwohl beim Landkreis doch
bestimmt alle Hansens und Jensens anrufen und nachfragen, wie es denn
jetzt weitergeht. Und der Landkreis muss das doch wissen.
Das scheint uns ja ganz grundsätzlich
das Problem mit dieser Pandemie: Wir wissen einfach so wenig. Die
Wissenschaftler, forschen auf der ganzen Erde und rund um die Uhr dem
Coronavirus nach. Sie finden immer mehr heraus. Und dennoch sagen
sie: Wir wissen noch zu wenig.
Dazu ist Wissenschaft ja da: Etwas zu
erforschen und immer mehr herauszufinden. Aber meistens tun die
Wissenschaftler das im Elfenbeinturm und nicht, während alle Welt
zuschaut. Aber jetzt schaut die Welt zu und ist ungeduldig. Die
Politik will Erkenntnisse, die eindeutig sind und ein für alle Mal
gelten. Die braucht sie auch. Wie soll sie sonst Entscheidungen
treffen?
Aber die Lage ist und bleibt
uneindeutig. Weil es schwer ist, das auszuhalten, reimen sich andere
ihre wirklich wahren Wahrheiten zusammen. Es ist alles eine
Verschwörung, sagen sie. Finstere Mächte haben das Coronavirus in
die Welt gesetzt und nutzen die Pandemie für ihre Zwecke. Aber zum
Glück haben sie ja die Verschwörung durchschaut.
Auf der Insel sagt einer, wenn er sich
etwas überlegt: Ich spekuliere! Auf www.duden.de steht: Spekulieren
kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet: Spähen, beobachten.
Das ist, was wir tun: Wir spekulieren. Wir schauen auf den nächsten
Schritt und beobachten, was geschieht. Wir warten auf den nächsten
Erlass und spähen, was der wohl erlaubt oder verbietet.
Wann gehen die Kinder wieder in den
Kindergarten oder die Schule? Was wird, wenn die Urlauber wieder auf
der Insel sind? Wie planen wir die Sommerkonzerte? Lauter offene
Fragen. Und immer dieselbe Antwort: Wir wissen es nicht! Wir laufen
durch die Pandemie und wissen nicht, wo uns das noch hinführt.
Deswegen sind wir an dem Satz hängen
geblieben: „Und er zog fort, ohne zu wissen, wohin er kommen
würde.“ Ihr erinnert die Geschichte von Abraham. Der hatte sich
längst in seinem Leben eingerichtet und seinen Alltag lieb gewonnen.
Da sagte Gott zu ihm: Pack deinen Kram zusammen und zieh los, ohne zu
wissen, wo ich dich hinführe. Aber ich will dich segnen und du
sollst ein Segen sein.
Was uns von Abraham unterscheidet: Uns
hat nicht Gott ins Unbekannte geschickt. Uns hat so ein winzig
kleines Virus aus dem gewohnten Alltag getrieben. Aber was uns mit
Abraham verbindet: Wir wissen nicht, wohin uns das alles noch führt.
Wir wissen nicht, wie unser Alltag in vier Wochen, in drei Monaten,
in einem halben Jahr aussieht.
Was wir von Abraham in unserer
undurchsichtigen Lage vielleicht abschauen können: Wenn ich etwas
nicht weiß, kann es helfen zu glauben. Wer sagt: Ich glaube, der
gesteht sich und anderen, dass er etwas nicht weiß und nicht
begreift. Der sagt: Ich habe nicht alles im Leben in meiner Hand.
Wer sagt: Ich glaube, der gesteht sich
und anderen auch: Ich vertraue. Ich vertraue, dass einer mir sagt,
was wahr ist. Ich vertraue, dass einer tut, was für mich gut ist.
Ich vertraue einem andern mein Leben an. So zu vertrauen ist immer
ein Wagnis. Was, wenn?
Was, wenn ich vertraue? Das finde ich
nur heraus, indem ich es wage. Andere haben es vor dir gewagt.
Abraham zum Beispiel. An ihm kannst du sehen: Auf diesem Wagnis liegt
Segen. Geh deinen Weg, ohne zu wissen, wohin du kommst. – und du
wirst merken, dass Gott an deiner Seite ist und mit dir geht. Vertrau
dein Leben Gott an und du wirst merken, dass er Segen hat für dich.
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