Kaum zu glauben

Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Gott hat den Tod überwunden. Das ist kaum zu glauben.
Für die Frauen, die zum Grab gehen: Früh am Morgen machen sie sich auf den Weg, um zu trauern. Ihre Sorge gilt allein dem Stein, der ihnen den Weg versperrt. Sie sind überrascht, dass der Stein weg ist. Sie sind entsetzt, dass sie im Grab statt des Toten einen Engel sehen. Es ist kaum zu glauben.
Auch für die beiden Jünger, die wir eben auf dem Weg nach Emmaus begleitet haben. Was die Frauen erzählen, das erschreckt sie. Es erschreckt sie so, dass sie Jesus erst gar nicht erkennen. Aber es ist ja auch kaum zu glauben.
Erst recht für uns. Wir haben es nicht selber gesehen, wir bekommen es nur erzählt. Wie soll das gehen, dass einer stirbt und wieder lebendig wird? Wie soll man sich das vorstellen? Oder gar erst erklären?
So etwas gibt es allenfalls im Märchen. Und da weiß jeder, dass die nichts erzählen, was wirklich geschehen ist.

Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Gott hat den Tod überwunden? Man braucht das nicht zu glauben.
Die Frauen, die zum Grab gehen, brauchen es nicht zu glauben. Sie können sich an das halten, was sie sehen, nämlich: nichts! Jesus ist weg. Der Lebende sowieso und jetzt auch der Tote. Alles, was sie mit ihm erlebt haben, all die schönen Momente, die sind jetzt aus und vorbei. Ein für alle Mal. Fast ist es ein wenig so, als sei da nie etwas gewesen. Und selbst das werden sie bald vergessen haben.
Auch die beiden Jünger brauchen es nicht zu glauben. Sie können sich an das halten, was sie gesehen haben: Dass Jesus gestorben ist, verurteilt und umgebracht. Mit ihm starb auch ihre Hoffnung, dass sich etwas verändert in ihrem Leben. Sie haben sich getäuscht. Nie wird sich etwas ändern. Alles bleibt, wie es ist.
Wir brauchen es auch nicht zu glauben. Wir können uns an das halten, was wir haben: Unser Zuhause, das uns mal mehr, mal weniger birgt. Unser Aus- und Einkommen, das mal mehr, mal weniger reicht, uns unsere Wünsche zu erfüllen. Unsere Familie, die mal mehr, mal weniger zusammenhält und uns trägt. Unsere Gesundheit, vor der wir mal mehr, mal weniger strotzen.
Wir können uns auch an das halten, was wir sehen: Die Menschen, die wir lieben haben und denen wir wehtun. Die Sonne, die aufsteigt und sinkt. Die Natur, die wächst und vergeht. Das Leben, das heranwächst, aufblüht, schwächer wird – und stirbt.
Man braucht das nicht zu glauben, dass Jesus auferstanden ist, dass Gott den Tod überwindet.
Aber man muss es einfach glauben.
Die Frauen, die das leere Grab finden und hören, dass Jesus auferstanden ist, müssen es einfach glauben. Da verwandelt sich ihre Trauer in Freude. All das, was sie mit Jesus erlebt haben, das geht weiter, das bleibt: Der Glaube, dass jeder Mensch unendlich wertvoll ist, weil er von Gott wunderbar gemacht ist – mit all seinen Schatten- und Schokoladenseiten. Die Liebe, die jedem Menschen gilt, ob ihm alles gelingt oder er alles falsch macht. Die Hoffnung, dass Gott jeden Menschen in seiner Hand auffängt, auch wenn er stirbt.
Auch die beiden Jünger, die Jesus schließlich erkennen, müssen es einfach glauben, dass er es ist. Denn das macht sie sicher: Gott begleitet sie auf ihrem Weg. Jesus ist bei ihnen, das können sie spüren. Sie spüren seine Kraft, die ihnen hilft, Dinge zu ändern, die ihnen missfallen. Sie spüren seine Wärme, die ihnen hilft, Menschen zu verzeihen, die ihnen wehgetan haben. Sie spüren seinen Mut, der ihnen hilft, aufzustehen, wenn sie gefallen und niedergeschlagen sind. Sie müssen es einfach glauben.
Wir müssen es auch einfach glauben. Dass Jesus auferstanden ist. Dass Gott den Tod überwindet. Denn das verwandelt unser Leben. Ostern sagt: Auf unserem Leben liegt Segen. Gottes Segen.
Wir sind es gewohnt zu sagen: Ein Segen in unserem Leben ist das Wunderbare und Helle und Schöne. Da können wir und können andere sehen, dass Gott es gut mit uns meint.
Wir sind es auch gewohnt zu sagen: Den Segen, den erkennen wir an dem, was unser Leben leicht und wertvoll und gut macht.
Aber Ostern sagt: Gott kann unser ganzes Leben in Segen wandeln. Gott gibt nicht klein bei, wie wir es vielleicht tun wollen. Angesichts dessen, was in unserem Leben unscheinbar oder dunkel oder hässlich ist.
Ostern sagt: Gott wird das verwandeln. Er wird das verwandeln, was in unserem Leben schwer ist oder wertlos oder schlecht.
Was uns dabei hilft: Wir müssen Geduld haben. So wie Jesus durch das Tal des Todes gegangen ist. So müssen auch wir das aushalten, was wir lieber nicht aushalten wollten.
Und wir müssen vertrauen. So wie Jesus sich ganz Gott anvertraute. Dass er es gut mit ihm meint. So müssen wir das auch für uns hoffen.
Aber beides können wir. Denn schließlich hat Gott schon einmal ein Leben und Sterben in Segen verwandelt. So wird es er wieder tun. An uns. Für uns.
Denn der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.
Halleluja

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