Damit es sichtbar wird

Im Vorbeigehen sah Jesus einen Mann, der von Geburt an blind war. 

Da fragten ihn seine Jünger: »Rabbi, wer hat Schuld auf sich geladen, sodass er blind geboren wurde – dieser Mann oder seine Eltern?« 

Jesus antwortete: »Weder er selbst hat Schuld auf sich geladen noch seine Eltern. Er ist nur deshalb blind, damit das Handeln Gottes an ihm sichtbar wird. Wir müssen die Taten vollbringen, mit denen Gott mich beauftragt hat, solange es noch Tag ist. Es kommt eine Nacht, in der niemand mehr etwas tun kann. Solange ich in dieser Welt bin, bin ich das Licht für diese Welt.«

Nachdem er das gesagt hatte, spuckte er auf den Boden. Aus dem Speichel machte er einen Brei und strich ihn dem Blinden auf die Augen. Dann sagte er ihm: »Geh und wasche dich im Wasserbecken von Schiloach!« (Schiloach heißt übersetzt ›der Abgesandte‹.) Der Mann ging dorthin und wusch sich. Als er zurückkam, konnte er sehen.

So erzählt das Johannesevangelium. Uns ist daraus ein Satz nachgegangen: „Damit das Handeln Gottes an ihm sichtbar wird.“

Für die Jünger ist das ja klar: Gott hat etwas getan mit dem blinden Mann. Sonst wäre der ja nicht blind. Gott muss ihn blind gemacht haben.

Als Strafe hat Gott den Mann blind gemacht. Weil seine Eltern sich irgendwann gegen Gott gewandt haben. Oder weil der Mann sich selber von Gott abgewandt hat. So denken sich das die Jünger.

So denken sich das viele Menschen: Krankheit ist eine Folge von etwas, das jemand getan hat. Und dann fragen sie: Warum? Warum leidet sie? Warum bin ich krank?

Manchmal findet einer darauf Antworten und bereut und versucht, etwas zu ändern. Oft bleiben die Antworten aber auch aus. So ein Coronavirus kommt aus dem Nicht. Oder fährt herab wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

Und auf die Frage: Wer hat Schuld? heißt es dann: Gott hat Schuld. Der hat sich das ausgedacht. Oder hat es nicht verhindert. Kann man so glauben?

So brauchst du nicht zu glauben, sagt Jesus. So ist Gott nicht. Gott handelt nicht, indem er bestraft. Gott zeigt sich den Menschen anders.

Zum Beispiel, indem er auf den Boden spuckt und aus Speichel und Staub einen Brei macht und den dem Blinden auf die Augen streicht.

Und siehe: Der Mensch, der eben noch blind war, wäscht sich die Augen und kann sehen. Er sieht das Licht der Sonne und die Farbe des Staubes und die Gesichter der Menschen um ihn herum.

Die sehen, was mit dem Mann geschieht. Und sie meinen zu verstehen: Das war Gottes Plan. Der Mann musste blind sein, damit er umso mehr das Licht lieben lernt.

Man kann Krankheit so verstehen: Als etwas, aus dem man etwas lernt. Krankheit öffnet die Augen für etwas, was man vorher noch nicht oder anders gesehen hat.

Von der Coronavirus-Pandemie heißt es, sie hilft dabei, das Leben langsamer zu leben. Sie hilft zu entdecken, wie wichtig es ist, aufeinander zu achten.

Ja, aber, ach: Das gilt vielleicht für die, die sie unbeschadet und finanziell abgesichert durchleben. Was aber ist mit denen, die arbeitslos werden oder sterben?

Kann man so glauben, dass Gott einen Virus schickt, an dem die einen sterben, damit die anderen etwas lernen über das Leben?

So brauchst du nicht zu glauben, sagt Jesus. So ist Gott nicht. Gott handelt nicht, indem er erzieht. Gott zeigt sich den Menschen anders.

Zum Beispiel indem er im Vorbeigehen einen Mann sieht, der von Geburt an blind ist. Und er geht eben nicht vorbei, sondern bleibt stehen und wendet sich dem Mann zu.

Damit das Handeln Gottes an dem Mann sichtbar wird. Vielleicht so, wie das Handeln der Sonne an den Sonnenblumen sichtbar wird.

Die Sonne geht vorbei an den Sonnenblumen. Sie schickt ihnen ihre Strahlen. Die wärmen die Mitte, den runden Blütenkorb. Die bringen die Blütenblätter zum Leuchten.

So geht Jesus vorbei und sieht den Menschen, der dort sitzt. Und sieht ihn an und öffnet ihm die Augen und das Herz. Und dem Mann wird es warm ums Herz und er sieht das Licht.

Die Sonne bleibt nicht stehen. Sie wandert weiter. Und die Sonnenblumen drehen ihren Blütenkopf und richten sich aus nach der Sonne und strecken sich ihren Strahlen entgegen.

Jesus wandert weiter. Die Jünger gehen mit ihm. Der Mann bleibt in seinem Leben, das er ganz neu sieht. Und richtet sich aus nach dem Licht, das ihm den Blick hell macht und das Herz zum Schlagen bringt.

Damit das Handeln Gottes sichtbar wird. Dem Mann gehen die Augen und das Herz auf. Er sieht Gott in seinem Leben. Er sieht, was Gott an ihm tut. Wir müssen ihn uns als einen glücklichen Menschen vorstellen.

Das kannst du glauben, hören wir Jesus sagen. Gott zeigt sich in deinem Leben. Er bringt es zum Leuchten. Stell dich in sein Licht und strecke dich ihm entgegen. Damit das Handeln Gottes sichtbar wird - an dir.


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