Heilige Nacht



Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN.

In dieser einen heiligen Nacht war es so. Der Himmel hielt die Luft an. Für einen Augenblick spannte er die Flügel weit von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Sonst lief der Himmel und lief und lief. Wie in einem feinen Uhrwerk griff ein Rädchen in das andere. Von Zauberhand einmal angestoßen, bewegte er sich fort und fort und fort.
In dieser heiligen Nacht war es anders. Der Himmel schwieg. Einen Augenblick lang hüllte er sich in eine tiefe Stille und öffnete eine Luke in der Zeit.
Sonst sang der Himmel und sang und sang. Eine leise Melodie tanzte durch die Weiten. Einmal angestimmt, klang sie fort und fort und fort.
In dieser einen heiligen Nacht hielt der Himmel die Luft an und schwieg. Einen Augenblick wartete er gespannt und geduldig auf das, was geschehen sollte.

Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN.

Die heilige Nacht geschieht heute. Der Himmel hält wieder die Luft an. Er erinnert sich an das, was geschehen ist, einmal in der Zeit, einmal vor Ewigkeit.
Der Himmel ruht und ruht und ruht. Wie vor aller Zeit als noch nichts war und nur ein Gedanke, dass etwas sein könnte, durch das Nichts tanzte.
Die heilige Nacht heute ist anders als alle anderen Nächte. Der Himmel schweigt wieder. Er horcht in sich hinein und um sich herum.
Der Himmel lauscht und lauscht und lauscht. Er hört auf die Töne seiner Melodie. Nach und nach verklingen sie. Irgendwo versammeln sie sich zum Schweigen.
Die heilige Nacht geschieht heute. Der Himmel hält wieder die Luft an und schweigt. Er erinnert sich, dass es immer auch anders ist, als es ist.

Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN.

In dieser einen heiligen Nacht war es so. Die Erde hielt die Luft an. Für einen Augenblick tauchte sie ein in den Frieden, für den sie gedacht war.
Die Hirten kleideten sich sonst in Wachsamkeit. Kaum ein Auge taten sie zu. Der Wolf schlich umher. Die Schafe verloren sich auf ihren eigenen Wegen.
In dieser heiligen Nacht war es anders. Die Schafe suchten die Nähe des Feuers, um das die Hirten saßen. Die Wölfe legten sich fernab der Herde in den Sand und ließen das Heulen.
In ihren schlaflosen Nächten träumten die Hirten von einer Welt, in der die Wölfe mit den Lämmern weideten. Alle Angst und jede Sorge würde von ihnen abfallen.
In dieser heiligen Nacht ahnten die Hirten, dass ihre Sehnsucht nicht zu groß war für diese Welt. Sie musste noch wachsen.

Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN.

Die heilige Nacht geschieht heute. Die Erde hält wieder die Luft an. Sie erinnert sich an das, was möglich wäre. Laut wird die Sehnsucht nach dem Frieden, für den sie gedacht ist.
Das Donnern der Geschütze und das Pfeifen der Bomben schmerzt die Ohren und Herzen noch mehr als sonst. Jeder Mensch, der von Menschenhand stirbt, ist einer zu viel.
Die heilige Nacht heute ist anders. Leise flüstern sich die Menschen zu: Friede sei auf Erden und mit dir. Und ihr Flüstern übertönt alles Kriegsgeschrei.
In dieser Nacht jetzt dürfen sie auch laut davon reden: Wie eine Welt wäre, in der Kriegsherrn schweigen und aller Hass verkümmern würden.
In dieser heiligen Nacht wissen wir, dass unsere Sehnsucht nicht zu groß ist für diese Welt. Wir wissen, dass sie sogar noch wachsen.


In dieser einen heiligen Nacht war es so. Gott, der Herr, trat aus seiner Wohnung und füllte den Himmel. Von Ewigkeit zu Ewigkeit war er da.
Sein Name stand groß in den Himmel geschrieben: Ich bin, der ich bin. Ich werde sein, der ich sein werde. So sagte er: Ich bin der Ich-bin-da.
In dieser einen heiligen Nacht sangen die Himmel seine Ehre. Das große Loblied stimmten sie an auf den, der Himmel und Erde in der Hand hielt.
Die Sterne strahlten einer heller als der andere. Sie gaben das Licht einer an den anderen weiter. Sie spiegelten den Glanz, der Gott umgab und von ihm ausging.
In dieser einen heiligen Nacht sang und strahlte der Himmel. Gott, der Herr, trat aus seiner Wohnung und seine Klarheit leuchtete um ihn.

Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN. Denn er tritt hervor aus seiner heiligen Wohnung.

Die heilige Nacht geschieht heute. Gott, der Herr, tritt aus seiner Wohnung und füllt den Himmel. Von Ewigkeit zu Ewigkeit ist er da.
Wer Augen hat zu sehen, der kann Gottes Namen lesen. In den Himmel, der sich auch in dieser Nacht wölbt, steht er geschrieben: Ich bin der Ich-bin-da.
Wer Ohren hat zu hören, der lauscht dem Himmel seinen Lobgesang ab. Sein ist die Zeit, sein ist die Ewigkeit, sein ist jeder einzelne Mensch.
Wer Herz und Seele hat zu spüren, der fühlt das Band, das Himmel und Erde verbindet. Gesponnen aus Ewigkeit und Liebe, verknüpft es Zeit und Ewigkeit.
Die heilige Nacht geschieht heute. Augen und Ohren, Herz und Seele werden weit. Gott, der Herr, tritt aus seiner Wohnung und seine Klarheit leuchtet um ihn.

Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN. Denn er tritt hervor aus seiner heiligen Wohnung.

In dieser einen heiligen Nacht war es so. Gott, der Herr, trat aus seiner Wohnung und kam im Stall zur Welt. Aus der Ewigkeit stürzte er sich in die Zeit.
Das Leben begrüßte er mit einem entrüsteten Schrei. Hinausgepresst aus der dunklen Geborgenheit des Mutterleibes, aus der Wärme in die Kälte.
Die Nähe der Mutter suchte er, schmiegte sich an die sanfte Haut, hörte auf die leise, vertraute Stimme. Aus dem großen, ewigen Gott wurde ein kleiner Mensch.
In Windeln gewickelt lag er da in einer Futterkrippe. Keinen anderen Ort suchte er sich in der weiten Welt als den unscheinbarsten, den er finden konnte.
Jesus riefen sie ihn. Gott rettet. Die Welt, in die er kam, die Menschen, die an seine Krippe traten. Seine Liebe zu ihnen. Sich selber.

Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN. Denn er tritt hervor aus seiner heiligen Wohnung.

Die heilige Nacht geschieht heute. Gott, der Herr, tritt aus seiner Wohnung und kommt im Stall zur Welt. Aus seiner Ewigkeit stürzt er in unsere Zeit.
Sollte er sie je in der Hand gehalten haben: Heute gibt Gott die Fäden des Schicksals aus der Hand. Er ist so frei, Mensch zu werden. Alle Menschen sind frei, selber Mensch zu sein.
Sollte er je über etwas erhaben gewesen sein: Heute wird Gott abhängig. Er braucht die Liebe, die Menschen ihm geben. Ohne sie wird er sterben.
Sollte er sich je an besondere Orte gebunden haben: Heute findet er sein Zuhause dort, wo einer ihm aufmacht, wo eine ihn gern bei sich hat.
Immanuel darfst du ihn nennen. Gott bei dir. Er lebt das Leben, das auch du lebst. Er weint deine Tränen und lacht dein Lachen. Er liebt deine Liebe. Um deinetwillen. Um seinetwillen.

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